Wirtschaftsbeirat besucht die Firmen va-Q-tec und BASF Coatings


Im Konferenzraum der Firma va-Q-tec am neuen Hauptstandort in der Alfred-Nobel-Straße findet sich neben Infomaterial zur aktuellen Produktpalette auch eine Transportbox, aus der ein Rembrandt herausspitzt. „Das ist natürlich kein Original!“, verrät CEO Dr.
Joachim Kuhn schmunzelnd der Delegation um Oberbürgermeister Christian Schuchardt. Dabei bezieht er sich auf das Gemälde. Die Box ist schon ein Original „Made in Würzburg“ und die Anordnung soll die Leistung des Hightech-Produkts veranschaulichen, dank der schon millionenschwere Kunstschätze sicher transportiert wurden. Durch eine Vakuumisolierung könnte diese thermische Box beispielsweise ein wertvolles Kunstwerk für eine Stunde selbst bei Temperaturen um 800 Grad schützen. Wenn die Feuerwehr diese Box erst nach 60 Minuten aus einem brennenden Lkw befreien würde, wären im Inneren der modernen Hülle noch immer angenehme
25 Grad und der Kunstschatz somit mit dem Schrecken davon gekommen.

Nicht alle transportierten Güter des 2001 gegründeten Unernehmens sind Kunst, aber dennoch viele von ihnen exklusiv. Rund zwei Drittel des Umsatzes macht man aktuell in der Gesundheitsbranche – beispielsweise mit dem Transport von temperaturempfindlichen Medikamenten, die durchaus Millionen wert sein können. Die allen Produkten und Dienstleistungen zu Grunde liegende Technik der Vakuumisolationspaneele (VIP) erlaubt jedoch zahlreiche Anwendungen. Große Wachstumschancen sieht man auch im
Fahrzeug- oder Flugzeugbau, in Gebäudeisolierungen, bei Heizungs- oder Industrietechnik. Bei Kühl-Geräteherstellern haben die VIPs bereits den Siegeszug angetreten und sich ihren Marktanteil gesichert. Mit der Einführung eines strengeren Labels, das aktuell bei „A+++“ endet, dürfte die Innovationskraft des Unternehmens noch gefragter sein als bislang, weil beispielsweise Styropor in einer Außenwand zehnmal dicker sein muss, um den gleichen Dämmeffekt zu gewährleisten. Beziehungsweise nur in gewissen Temperaturbereichen können Styropor oder weitere etablierte Materialien überhaupt mithalten.

Die Vertreter des Wirtschaftsbeirats der Stadt Würzburg – begleitet von Prof. Dr. Ralf Jahn (Hauptgeschäftsführer der IHK) und Ludwig Paul (designierter Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer) – erfuhren die neuesten Entwicklungen im jungen Unternehmen, das sich auch nach dem Börsengang im September 2016 weiterhin auf einem beachtlichen Wachstumskurs befindet. Der Wert der Aktie ist gegenüber dem Ausgabepreis stark gestiegen. Der Umsatz betrug im vergangenen Geschäftsjahr 35,5 Millionen € nach 22,5 Millionen (2015) und auch die Gewinne und die Mitarbeiterzahlen zeigen steil nach oben. Allein in Würzburg kamen im laufenden Jahr 70 Mitarbeiter hinzu. Studierende der Universität Würzburg sind als Praktikanten oder auch Absolventen gerne gesehen. Elf Auszubildende lernen aktuell in Würzburg und am Standort Kölleda (Thüringen). Insgesamt betont Dr. Kuhn, dass die Hochschulstadt Würzburg dem Unternehmen ein ideales Umfeld bietet: „Ich kenne für Materialforschung keinen besseren Standort. Diese Rahmenbedingungen sind mit Sicherheit national und international noch zu wenig bekannt.“ Bei zwei Produktionsstätten in Deutschland, acht Niederlassungen sowie 25 Mietstationen weltweit, trifft das vielfach prämierte Unternehmen va-Q-tec solche Aussagen sehr fundiert. Dass die Verwurzelung in der Region wichtig ist, zeigt sich auch an der neuen Unternehmenszentrale unweit des bisherigen Standorts in Würzburg. Das große Wachstum von va-Q-tec findet hier noch mehr Kapazitäten und Fläche.

Oberbürgermeister Schuchardt war es wichtig seine Firmenbesuche zusammen mit dem Fachbereich Wirtschaft, Wissenschaft und Standortmarketing neu zu organisieren: „Durch die Einbindung des Wirtschaftsbeirats und auch eine neue Vernetzungen der Unternehmen untereinander ist das Kennenlernen noch einmal auf ein höheres Level gehoben. Je mehr Akteure ein vertieftes Wissen von einander haben, womöglich auch von gleichen Herausforderungen wissen, umso leichter finden sich auch maßgeschneiderte Lösungen hier am Standort.“ Unter den Gästen bei va-Q-tec war auch Werkleiterin Dr. Lucia Königsmann. Ihr Arbeitsplatz liegt sonst einen Kilometer Luftlinie entfernt im neuen Hafen bei BASF Coatings.

Die beiden Würzburger Betriebe haben neben einer in etwa gleichgroßen Mitarbeiterzahl um die 300 weitere Gemeinsamkeiten: die globale Vernetzung oder auch die Suche nach Erweiterungsflächen vor Ort. Während bei va-Q-tec in den ehemaligen Hallen der Druckerei Stürtz in zwei oder drei Jahren schon wieder die Kapazitätsgrenze erreicht sein dürfte, plant BASF Coatings aktuell ebenfalls den Bau einer zusätzlichen Lagerhalle und die Aufstockung eines Gebäudes.

Dr. Königsmann wurde bei der Führung durch das Unternehmen von Dr.
Renate Bork-Brücken unterstützt. Die Werkleiterin aus Münster ist bereits seit 1988 bei der BASF im Unternehmensbereich Coatings tätig.
Sie koordinierte einen Termin in Würzburg entsprechend, um die Gruppe ebenfalls treffen zu können. Mit Serienlacken, Reparaturlacken, Bautenanstrichmitteln und Oberflächenbehandlungen sorgt dieser Unternehmensbereich der Ludwigshafener DAX-Größe für 3,2 Milliarden € Umsatz weltweit. In Würzburg gilt alle Aufmerksamkeit dem Autolack.
„Jedes zweite Auto, das aktuell weltweit auf dem Markt kommt, hat mindestens eine Lackschicht der BASF“, zeigte Dr. Königsmann an einem praktischen Beispiel auf, warum sich die BASF in diesem Bereich als Weltmarktführer sehen kann.

Das besichtigte Würzburger Labor kann auf der einen Seite nach Tontafeln einen der aktuell rund 350.000 Farbtöne wiederherstellen, mit denen seit 1945 Fahrzeuge weltweit lackiert wurden. Auf der anderen Seite fügt man dieser Vielfalt Jahr um Jahr neue Trendfarben hinzu. Ein SAP-unterstütztes Labor sorgt für die exakte Dokumentation der Rezepturen und Produktionsabläufe, was eine exakte Wiederholung der Lackherstellung ermöglicht, bei der rund 400 unterschiedliche Rohstoffe zum Einsatz kommen. Nur ein kleiner Anteil dieser Bausteine sind wirklich Farbstoffe. Immer größer wird die Auswahl bei Effektstoffen – von Aluminiumzusätzen bis zu Glaspartikeln. Der Lack erzielt so immer neue optische Effekte, die einer Karosserie Tiefe, Glanz, dezentes Funkeln oder ein sattes Matt verleihen.

Dass ein immer größerer Anteil der Lacke auf Wasserbasis produziert wird, ist nicht nur gut für die Umwelt, sondern auch für die Arbeitssicherheit, weil die Menge von Gefahrenstoffen, die zum Einsatz kommen, beständig zurückgeht. Bei der Besichtigung der Produktionsstätte mussten die Delegationsteilnehmer dennoch in einen Overall schlüpfen, sowie Helm und Schutzbrille tragen. Auch wenn die Margen, die hier hergestellt und auf Herz und Nieren getestet werden, vergleichsweise klein sind, das Labor ist natürlich nicht weniger verschlungene Hightech, als man es von den großen Standorten kennt. Allein im Jahr
2009 investierte man beispielsweise bei einer Aufwertung des Standorts rund 20 Millionen € in neue Labor-Technik.

Mit einem jungen Team (das Durchschnittsalter liegt bei 43 Jahren) entwickeln die Chemiker jedes Jahr rund 300 neue Produkte. Über die Serienreife eines Lacks entscheidet natürlich nicht nur die Optik, die beim Kunden wie Endverbraucher ankommen muss, maßgeblich ist auch die Langlebigkeit des Produkts, das UV-Licht, Wasser, Salz oder die Bürsten einer Waschanlage über Jahre gut wegstecken muss. Eine erstaunliche Leistung, wenn man bedenkt, dass die vier aufgetragenen Schichten aus Grundierung, Füllung, Basis und Klarlack zusammen gerade einmal so dick wie ein menschliches Haar sind.