Wer sich die Würzburger Kulturpreisträger der letzten Jahre ins Gedächtnis rufe, und dies tat Oberbürgermeister Christian Schuchardt in seiner Begrüßung, erkenne die Vielfalt und enorme Bandbreite der Kulturstadt Würzburg: „Denken Sie beispielsweise an den Kabarettisten Frank-Markus Barwasser (alias Erwin Pelzig), den Musiker Christian Kabitz, den Pianisten Bernd Glemser, den Bildhauer Herbert Mehler, Domkapitular Dr. Jürgen Lenssen, die Kammersängerin Diana Damrau, den Theaterleiter Mathias Repiscus, die bildende Künstlerin Angelika Summa und (im Jahr 2015) den Literaturwissenschaftler Prof. Hans-Ulrich Gumbrecht.“ In diesen illustren Kreis wurde nun der Komponist Klaus Ospald aufgenommen. Der gebürtige Westfale, seit vielen Jahren Dozent für Gehörbildung an der Musikhochschule Würzburg, hat mit seinen zeitgenössischen Kompositionen zahlreiche Auszeichnungen und Stipendien errungen. International erklingen seine Orchesterwerke und Kammermusiken. Nun würdigte die Stadt den „unangepassten und beharrlichen Musiker, der sein Handwerk so selbstverständlich beherrscht und stets sein reifes Werk für sich sprechen lassen möchte.“ Musikwissenschaftler Prof. Dr. Laurenz Lütteken stellte in seiner Laudatio das Werk und die Philosophie des Künstlers vor.
Der Ordinarius für Musikwissenschaft an der Universität Zürich hatte markante Werkauszüge mitgebracht, die im Ratssaal eingespielt wurden.
Auch wenn Ospalds Stücke bereits von zahlreichen Rundfunkanstalten produziert wurden, dürfte er mit vielen zeitgenössischen Komponisten das Schicksal teilen, dass man in den Konzertsälen oder auf Festivals diese atonalen Klänge vergleichsweise eher selten hört. Es sind laut Prof.
Lütteken „melancholische Töne, die werden und vergehen“ und somit auch Sinnbilder des Lebens seien. Bedeutende Einflüsse, die er für Ospalds Werk ausgemacht hat, sind der Dichter Giacomo Leopardi – ihm ist ein Zyklus gewidmet – oder auch ein weiter Kulturpreisträger der Stadt:
der 1968 ausgezeichnete Dirigent Eugen Jochums.
Klaus Ospald nannte in seiner Dankesrede noch Bertold Hummel als wichtigen Lehrmeister: „Ihm verdanke ich sehr viel.“ Seine Ansprache klang in einigen Passagen, als versuche er das Preisgericht erst noch von sich zu überzeugen. Seine Musik entstünde nicht im Elfenbeinturm, sondern nur in Stille. Er müsse sich immer wieder aus der Gesellschaft zurückziehen, um dieser etwas zurückgeben zu können. Grelle Formen der Selbstvermarktung lehne er hierbei ab und sehe in ihr die Gefahr des schnellen Verglühens. Leicht zugänglich zu sein, sei noch kein Qualitätsmerkmal. Ospald bedankte sich bei der Stadt, dass sie den Preis ihm und somit auch einem „ungezähmten Bereich der Musik“ verliehen habe. Die Auszeichnung ist nach einem Beschluss des Würzburger Stadtrats ab dem Jahr 2017 wieder dotiert. Der Preisträger erhält 5.000 €.
Eingespieltes Duo – zwei große Musiker
Bei aller Vielfalt, welche die Historie des Würzburger Kulturpreises auszeichnet, im Jahr 2017 hatte die Sparte Musik ganz klar Oberwasser.
Dafür sorgten auch Roberta und Richard Verna. Kulturreferent Muchtar Al Gusain würdigte zwei junge Künstler-Persönlichkeiten, „die zufällig auch Geschwister“ sind. Beide haben mit 16 (Richard) und 19 Jahren
(Roberta) schon eine an Preisen, Stipendien und spektakulären Solo-Auftritten reiche Karriere hinter sich, die zweifellos rechtfertige, zwei der drei diesjährigen Kulturförderpreise an die jüngsten jemals ausgezeichneten Würzburger „Talente“ zu vergeben.
Al Ghusain erinnerte als Laudator an das erste Treffen, an Tränen der Rührung bei einer Elgar-Interpretation des Cellisten Richard, Auftritten bei der Jungen Philharmonie und er machte die Gäste auf die kostbare Stradivari Robertas aufmerksam. Wie ihr Bruder erhielt sie von der Deutschen Stiftung Musikleben in diesem Jahr ein praktisch unbezahlbares Instrument als Leihgabe und Anerkennung für ihre feine Spieltechnik. Von den vielen Preisen, darunter auch alles, was das Förder-format „Jugend musiziert“ so hergibt, sicher die Auszeichnung mit dem schönsten Klang. Alle Besucher der Feier – darunter viele frühere Preisträger – konnten die Ver-nas solo und als Duo mit Werken von Eugené Ysayë, Gaspar Cassado und Johann Halvorsen erleben.
Die jungen Interpreten sagten auf diese Weise Dankeschön und verzichteten auf eine längere Rede. Al Ghusain hatte zuvor auch den Eltern, die ebenfalls Profismusiker sind, für die leidenschaftliche Unterstützung ihrer Kinder gedankt und die zahlreichen Geigen und Cello-Lehrer seit Kindheitstagen nicht uner-wähnt gelassen. Das Publikum freute sich außerdem zu hören, dass bei allem Pro-ben und Musizieren auch noch Zeit für weitere Hobbys bleibt, ob nun Salsa oder Zeichnen bei Roberta oder bei Richard der Trendsport Calisthenics und Autos.
Insbesondere die Motorengeräusche haben es ihm angetan, was Al Ghusain angesichts eines Preisträgers aus dem Bereich Zeitgenössische Musik auf die Idee brachte „Vielleicht wird ja mal ein Komponist extra für Dich ein Konzert für sechs Automotoren und ein Cello schreiben.“ So viel zur Musik.
Preisträgerin in Literaturszene verwurzelt
Mit der in Schweinfurt aufgewachsenen Schriftstellerin Ulrike Schäfer ging ein weite-rer mit 2500 € dotierter Kulturförderpreis der Stadt Würzburg an eine Autorin, die mit ihren Texten laut Jury nicht nur einen festen Platz in der Würzburger Literaturszene, sondern im gesamten deutschsprachigen Raum erobert hat. Erne Odoj, die Schäfer im Rahmen ihrer vhs-Tätigkeit 2008 über die Erzählung „Die Löwin“ kennenlernte, hielt die Laudatio und beschrieb sehr genau die Stärken der Autorin:
„Über ihren präzisen Sätzen liegt Poesie. Sie verwendet kein Wort zu viel. Sie erzählt keine Heile-Welt-Geschichten. Moralische Wertungen kommen aber ohne erhobenen Zeigefinger aus. Sie nimmt die heutige Zeit sehr realistisch und kritisch unter die Lupe. Trotz der häufigen Ich-Perspektive des Erzählers wahrt sie Distanz. Dann und wann meint man aber auch ihre eigene Seele zu erkennen.“ Odoj outete sich insbesondere als begeisterte Leserin der Kurzgeschichten Schäfers. Die Autorin hat aber auch Sachtexte, Gedichte und Theaterstücke geschrieben.
2015/16 wurden ihre Theaterstücke „Die Jünger Jesu“ (nach dem gleichnamigen Roman von Leonhard Frank) und „Ein Widder mit Flügeln“ (zum 700-jährigen Jubiläum des Bürgerspitals) im Mainfrankentheater uraufgeführt. Die Verwurzelung zur Wahlheimat Würzburg zeigt sich aber nicht nur in diesen viel beachteten Stücken, die freie Autorin und Webdesignerin engagiert sich zudem für „Würzburg liest ein Buch“ und ist Teil der Autorengruppe LiTrio sowie der Lesebühne „Großraumdichten & Kleinstadtgeschichten“. Ihre Hoffnung ist entsprechend, dass „der erste Preis, den sie bekommt ohne sich dafür zu bewerben“, weiter in die Literaturszene Würzburgs hineinstrahle. Zu den ersten Gratulanten zählte die Poetin Pauline Füg, die 2015 ebenfalls diese Auszeichnung erhalten hatte.