Seit Anfang vergangenen Jahres wurden im Rahmen einer deutschlandweiten Studie über 300 Patienten mit Angsterkrankungen behandelt. Eine Teilnahme an dem neuen Diagnostik- und Therapieangebot ist nach wie vor noch möglich – zum Beispiel am Zentrum für Psychische Gesundheit am Uniklinikum Würzburg.
Ulrike Lüken, Professorin für Experimentelle und Klinische Psychotherapie am Zentrum für Psychische Gesundheit (ZEP) am Universitätsklinikum Würzburg (UKW), zieht eine erste positive Zwischenbilanz für das Forschungsprogramm Protect-AD: „In dem vom Bundesforschungsministerium geförderten Netzwerk zur Behandlung von Angsterkrankungen wurden seit Januar 2016 bundesweit mehr als 300 Patienten mit verschiedenen Angsterkrankungen mit Hilfe der expositionsbasierten Verhaltenstherapie behandelt. An den insgesamt acht Behandlungszentren in ganz Deutschland wurden dafür mehr als 100 Therapeuten speziell geschult.“ Eines dieser Behandlungszentren ist das ZEP in Würzburg in Kooperation mit der Hochschulambulanz der Universität.
Hoher Leidensdruck bei den Betroffenen
Protect-AD steht für “Providing Tools for Effective Care and Treatment of Anxiety Disorders”. Das Ziel der Studie ist es, die kognitive Verhaltenstherapie so zu verbessern, dass sie für noch mehr Angsterkrankte langfristig wirksam ist. Warum ist das nötig? Prof. Lüken, die für das operative Management der Würzburger Protect-AD-Arbeitsgruppe zuständig ist, erläutert: „In Deutschland leiden ungefähr 15 Prozent aller Erwachsenen sowie zehn Prozent aller Kinder unter einer solchen Störung. Oft ist es schwierig, diese Krankheiten, die sich zum Beispiel als Panikstörung, als soziale Phobie oder als Trennungsangst im Kindesalter äußern können, zu erkennen und richtig zu therapieren. In der Folge leiden die Erkrankten oft jahrelang. Sie entwickeln nicht selten zusätzliche Beschwerden, wie eine Depression oder eine Suchterkrankung. Zudem wird die persönliche, zwischenmenschliche und berufliche Entwicklung gestört.“
Erste Erfahrungen vielfach positiv
Demgegenüber geben die Studienpatientinnen und -patienten von Protect-AD eine oft sehr positive Rückmeldung auf ihre Behandlung. Beispielsweise schreibt eine Patientin: „Durch die Teilnahme an Protect-AD bin ich wieder in der Lage, meinen Alltag auch alleine und ohne fremde Hilfe zu meistern sowie mein Leben selbstbestimmt zu führen. Außerdem kann ich jetzt gelassener mit der Angst umgehen. Besonders geholfen haben mir die Übungen zusammen mit meiner Therapeutin.“ Und ein männlicher Teilnehmer resümiert: „Die Therapie im Rahmen von Protect-AD hat mir geholfen, meine Angst und die Abläufe in meinem Körper zu verstehen und somit den Teufelskreis zu durchbrechen. Auf diese Weise habe ich gelernt, wie ich auch in der Zukunft Krisen meistern und mit meiner Angst umgehen kann. Die Übungen haben mir fast auf Anhieb geholfen. Außerdem habe ich sehr von den häufigen Treffen – bis zu drei Mal pro Woche – profitiert.“
Jetzt noch teilnehmen!
Auch jetzt können Erwachsene, Jugendliche und Kinder ab acht Jahren mit ausgeprägten Ängsten noch in die Studie aufgenommen werden. „Eine Behandlung im Rahmen unseres Verbunds ist voraussichtlich noch bis Ende dieses Jahres möglich“, kündigt Prof. Lüken an.
Die Behandlung beginnt mit einer Phase intensiver psychologischer Diagnostik durch speziell geschultes Personal. Wenn die Studientherapie geeignet ist für den Patienten, schließen sich weitere Untersuchungen an, zu denen unter anderem eine Magnetresonanztomographie vom Kopf vor und nach der Therapie, Blutentnahmen für eine genetische Untersuchung, psychologische Tests am Computer sowie eine Aufgabe in virtueller Realität gehören.
Die Therapie selbst ist eine Form der kognitiven Verhaltenstherapie und besteht aus der Vermittlung von Informationen über die Erkrankung und intensiven Übungen. Die Behandlung dauert sechs bis zwölf Wochen mit bis zu drei Terminen pro Woche. Nach sechs Monaten findet eine Nachuntersuchung statt. Einer der Vorteile für die Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer ist der vergleichsweise schnelle Behandlungsbeginn. „Bei ähnlichen Therapien bestehen ansonsten leicht mal bis zu sechs Monate Wartezeit“, verdeutlicht Ulrike Lüken.
Weitere Details unter www.protect-ad.de
Kastentext:
Mögliche Symptome einer Angsterkrankung
Wer eine dieser Fragen für sich mit Ja beantwortet, könnte ein potenzieller Studienteilnehmer von Protect-AD sein:
• Erleben Sie ganz plötzliche Zustände starker Angst, Panik oder Unruhe?
• Vermeiden Sie Menschenmengen und andere Orte, weil Sie in eine peinliche Situation geraten könnten?
• Begeben Sie sich ungern in soziale Situationen, weil Sie von Ihren Mitmenschen negativ bewertet werden könnten?
• Haben Sie Angst vor bestimmten Tieren, Blut und Verletzungen oder Spritzen, (Zahn-) Ärzten oder vor einem Aufstieg in luftige Höhen?
Ansprechpartner
Menschen, die sich in den beschriebenen Problemen wiederfinden, stehen folgende Ansprechpartner für eine Kontaktaufnahme zur Verfügung:
• Für Kinder und Jugendliche:
Prof. Marcel Romanos und Annette Nowak
Tel: 0931 / 201 78630
E-Mail: KJ_KiBa@ukw.de
• Für Erwachsene:
Dr. Kathrin Zierhut und Dipl.-Psych. Kristina Dickhöver
Tel: 0931 / 31 82006
Telefonsprechzeiten (Patientenaufnahme): Di 16:00 bis 17:00 Uhr und Do 13:00 bis 14:00 Uhr
E-Mail: protect-angst@uni-wuerzburg.de