Stiftung finanziert Kiefer- und Gesichtsoperationen bei bedürftigen Kindern aus der Dritten Welt


In einer aufwändigen Operation konnte das Team der Klinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie des Uniklinikums Würzburg im Oktober dieses Jahres das durch einen Verkehrsunfall entstellte Gesicht eines siebenjährigen Jungen aus Kirgisistan wieder sauber verschließen. Finanziert wurde der Eingriff von der Würzburger Bene Maxilla-Stiftung. Diese setzt sich seit fünf Jahren für bedürftige Kinder aus der Dritten Welt mit angeborenen Fehlstellungen oder schweren Erkrankungen im Mund-, Kiefer- und Gesichtsbereich ein, um ihnen eine deutlich bessere Lebensqualität zu ermöglichen.

Abdukodir hatte zu Beginn dieses Jahres in seiner Heimat Kirgisistan einen schweren Verkehrsunfall. Dabei erlitt der Siebenjährige nicht nur Knochenbrüche an den Gliedmaßen und ein schweres Schädel-Hirn-Trauma, sondern verlor auch ein Auge und praktisch eine Gesichtshälfte. Als Therapie deckten die örtlichen Ärzte des zentralasiatischen Staats diese schreckliche Verletzung mit aus dem Oberschenkel des Jungen gewonnener Spalthaut ab. „Das Ergebnis war aus unserer Sicht nicht nur ästhetisch vollkommen inakzeptabel: Der Wundbereich nässte, das Kind konnte den Mund nicht vollständig schließen und nicht richtig essen. So konnte es auf Dauer nicht weiterleben“, berichtet Prof. Alexander Kübler. Der Ärztliche Direktor der Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie des Uniklinikums Würzburg (UKW) lernte Abdukodir Anfang Oktober dieses Jahres kennen. Der Verein Friedensdorf International hatte den kleinen Kirgisen zuvor nach Deutschland geholt. Die in Oberhausen beheimatete Hilfseinrichtung bringt pro Jahr bis zu 500 kranke und verletzte Kinder aus Kriegs- und Krisengebieten zur medizinischen Versorgung in die Bundesrepublik. Nach Abschluss der Behandlung durch Experten wie Prof. Kübler kehren sie zu ihren Familien zurück.

Transplantat aus Rückenmuskel gewonnen
Bei der von Prof. Kübler und seinem Team im Oktober durchgeführten Operation wurde zunächst das bestehende Narbengewebe und das Spalthaut-Transplantat entfernt. Die Experten mobilisierten die Weichteile des noch vorhandenen Gesichtsgewebes, so dass sie wieder an die natürlich vorgesehenen Positionen wandern konnten. Dann entnahmen sie einseitig ein etwa handtellergroßes Stück aus dem Latissimusmuskel am Rücken des Jungen. Dieses aus Muskelgewebe, Haut, Fett und Blutgefäßen bestehende Transplantat wurde im Gesicht eingesetzt und mikrochirurgisch an die Halsschlagader angeschlossen. „Diese Verbindung an die Blutversorgung war die eigentliche Herausforderung des Eingriffs“, erläutert Prof. Kübler und fährt fort: „Bei einem Siebenjährigen haben die entsprechenden Gefäße einen Außendurchmesser von weniger als einem Millimeter. Diese feinen Leitungen mussten so angenäht werden, dass das Blut ungehindert durch sie hindurch zirkulieren kann.“

Vermutlich im März zurück nach Kirgisistan
Nach einer insgesamt siebenstündigen Operation war diese Präzisionsarbeit geglückt. Es schlossen sich ein zweitägiger Aufenthalt auf der Anästhesiologischen Intensivstation des UKW und fünf weitere Tage auf der Bettenstation der Klinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie an, bevor Abdukodir wieder nach Duisburg/Oberhausen in die Obhut von Friedensdorf International zurückkehren konnte. „Bei einem weiteren Termin in den kommenden Wochen werden wir noch einige Feinkorrekturen durchführen, bevor der Junge voraussichtlich im März 2017 mit dem nächsten Friedensdorf-Sammelflug zurück nach Kirgisistan zu seiner Familie gebracht wird“, schildert Prof. Kübler.

Private Stifter tragen die Kosten
Auch wenn er und alle sonstig Beteiligten des UKW sich bemühten, die Behandlung so preiswert wie nur irgendwie möglich abzurechnen, liefen durch den Eingriff und die Nachversorgung erhebliche Kosten auf. Diese übernahm – wie schon in vielen vergleichbaren Fällen – die Bene Maxilla-Stiftung. Hauptziel der Würzburger Wohltätigkeitsorganisation ist es, Kinder aus der Dritten Welt mit angeborenen Fehlstellungen oder schweren Erkrankungen im Mund-, Kiefer- und Gesichtsbereich zu unterstützen, die ohne fremde Hilfe keine Chance auf Linderung oder Heilung ihrer Krankheiten haben. Hinter der im Jahr 2011 ins Leben gerufenen Stiftung stehen die Eheleute Edelgard und Max J. Bieniussa Leusser. Als Patient von Prof. Kübler konnte Max J. Bieniussa Leusser vor einigen Jahren von einer Tumorerkrankung im Oberkiefer geheilt werden. Das war die Initialzündung für seine Benefiztätigkeit: In Würdigung der geleisteten Arbeit der Mediziner will er seither mit der Stiftung anderen Menschen bei der Überwindung ähnlicher Krankheiten helfen.

22 Kinder in fünf Jahren operiert
Als medizinische Partner der Bene Maxilla-Stiftung behandelten Prof. Kübler und sein Team in den vergangenen fünf Jahren insgesamt 22 Kinder aus Ländern wie Afghanistan, Usbekistan, Tadschikistan, Pakistan, Tansania und Angola. „Die jungen Patienten litten meist unter Verknöcherungen des Kiefergelenks nach Kieferbrüchen oder breiten Gesichtsspalten, die weit umfangreicher sind, als die sonst üblichen Lippen-Kiefer-Gaumenspalten. Hinzukamen Rekonstruktionseingriffe wie jüngst bei Abdukodir“, berichtet der Klinikdirektor. Fälle wie diese kämen in Europa so gut wie nie vor – zum einen wegen der besseren Diagnosemöglichkeiten, zum anderen wegen der rechtzeitigen Verfügbarkeit von effizienten Therapien. „Deshalb gibt es bei diesen jungen Patienten oft kein Standardvorgehen, sodass sich nebenbei aus den Benefiz-Operationen oft auch ein Lerneffekt für unser Ärzte- und Pflegeteam ableiten lässt“, ergänzt Prof. Kübler.

Vorbildliche Lösung für die Behandlung mittelloser Patienten
Die „Hauptquelle“ für die bislang nach diesem Modell behandelten Kinder war die Vermittlungsarbeit des Vereins Friedensdorf International. Darüber hinaus wurden jedoch auch schon junge Patienten aus Dritte-Welt-Staaten erfolgreich therapiert, deren Hilfsgesuche auf anderen Wegen nach Würzburg gelangt waren. „Ich weiß, dass bei vielen Kliniken des UKW solche Anfragen von mittellosen Patienten mit eklatanten Gesundheitsproblemen eingehen. Leider mangelt es hier oftmals an einer entsprechenden Finanzierung der am Klinikum durchaus vorhandenen Therapiemöglichkeiten. Umso glücklicher sind wir an der Klinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie, dass wir mit der Bene Maxilla-Stiftung einen verlässlichen ‚Geldgeber’ haben, mit dem wir fest planen können. Hinzukommt, dass die Eheleute Leusser Beträge, die manchmal über das eigentliche Jahresbudget hinausgehen, zusätzlich großzügig aus der eigenen Tasche erstatten“, freut sich Prof. Kübler.