Startschuss für das Bayerische Polymerinstitut


Neuartige Materialien, die essentiell für Schlüsseltechnologien in den Bereichen Energie, Kommunikation, Klimawandel, Wasser und Gesundheit sind: Daran wird im Bayerischen Polymerinstitut geforscht. Jetzt haben die beteiligten Universitäten die Kooperationsvereinbarung unterzeichnet.
Egal, ob im Kampf gegen den Klimawandel, bei der Erschließung neuer Energiequellen, im Gesundheitsbereich oder auf dem weiten Feld der Kommunikation: Kaum ein innovatives Produkt kommt heute ohne polymere Werkstoffe aus. Die Entwicklung neuartiger multifunktioneller Polymere und polymerer Leichtbauwerkstoffe ist unerlässlich, um sich den gesellschaftlichen und technologischen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu stellen.
Ein national führendes Forschungsinstitut
In Bayern arbeiten ab sofort Wissenschaftler in dem neu gegründeten Bayerischen Polymerinstitut (BPI) an diesem Ziel. Daran beteiligt sind die Universitäten Bayreuth, Erlangen-Nürnberg und Würzburg. Jetzt haben die Präsidenten dieser Universitäten im Beisein von Wissenschaftsminister Dr. Ludwig Spaenle als Vertreter des Freistaats die entsprechende Kooperationsvereinbarung unterzeichnet. Ihr Ziel ist es, in Bayern ein national führendes Forschungsinstitut mit internationaler Sichtbarkeit im Bereich der Grundlagenforschung auf dem Gebiet der Polymerwissenschaften und Polymertechnologie zu etablieren.
Eine besondere Bedeutung kommt dabei dem Aufbau aufeinander abgestimmter Forschungsinfrastruktur in Form von so genannten Key Laboratorien (KeyLabs) zu. Insgesamt zehn solcher KeyLabs sollen unter dem Dach des BPI arbeiten; das Land Bayern finanziert sie in den kommenden zwei Jahren mit 15 Millionen Euro. Zwei dieser Laboratorien sind an der Universität Würzburg angesiedelt. Sie decken im BPI sehr junge Forschungsbereiche ab, die noch großes Innovationspotential besitzen; an der Universität Würzburg sind sie an den Fakultäten für Chemie und Medizin angesiedelt.
Das Würzburger KeyLab „Supramolekulare Polymere“
Das KeyLab Supramolekulare Polymere unter der Leitung von Professor Frank Würthner beschäftigt sich mit einer komplett neuen Klasse von Polymeren, die nicht durch klassische Polymerisationsreaktionen, sondern durch dynamische Anordnung niedermolekularer Bausteine gebildet werden. Dies eröffnet den Zugang zu Materialien höherer Ordnung und damit verbesserter Eigenschaften, wie man sie beispielsweise für Flüssigkristalldisplays oder für Funktionsmaterialien für die Organische Elektronik benötigt.
Frank Würthner hat an der Universität Würzburg den Lehrstuhl für Organische Chemie II inne. Er kann in wenigen Wochen einen Neubau auf dem Campus der Universität Würzburg beziehen: das Zentrum für Nanosystemchemie. In dem neuen Forschungsgebäude wird dann auch das KeyLab Supramolekulare Polymere untergebracht sein.
Das Würzburger Keylab „Polymere für die Medizin“
Das Keylab Polymere für die Medizin steht unter der Leitung von Professor Jürgen Groll, Inhaber des Lehrstuhls für Funktionswerkstoffe der Medizin und der Zahnheilkunde. Das Labor verbindet die Polymerforschung und -technologie mit einem medizinischen Umfeld und bildet gleichsam den Brückenschlag zum Fraunhofer Translationszentrum für Krebs und Muskuloskelettale Erkrankungen in Würzburg.
Dies erlaubt die problemorientierte Entwicklung polymerer Biomaterialien und bietet die notwendige Umgebung für eine schnelle Übertragung von Forschungsergebnissen in die Klinik. Wichtige Themen sind hier die Biokompatibilisierung und Bioaktivierung von Implantatoberflächen sowie die Entwicklung von Polymeren beispielsweise als Trägerstrukturen für Zellen oder für den Wirkstofftransport.
Auf dem Gebiet der Biofabrikation, das seit 2010 in Würzburg aktiv verfolgt wird, übernehmen Groll und seine Mitarbeiter bereits Vorreiterrolle. In diesem Forschungsfeld werden Zellen und Materialien mit 3D-Drucktechnologien automatisiert gemeinsam zu gewebsartigen Komposit-Strukturen verarbeitet.
Intensive Zusammenarbeit in Forschung und Lehre
Unter dem Dach des BPI wollen die Universitäten Bayreuth, Erlangen-Nürnberg und Würzburg in Zukunft ihre Kompetenzen auf dem Gebiet der Polymer Science and Engineering institutionell bündeln und vernetzen. Gemeinsam wollen sie die gesamte Forschungs- und Know-how-Kette aufbauen, die notwendig ist, um in diesem stark interdisziplinären Gebiet zukunftsweisende Forschungsprojekte zu bearbeiten und Spitzenforschung voranzutreiben. Geplant ist außerdem eine intensive Zusammenarbeit in Forschung und Lehre, um die an den beteiligten Einrichtungen vorhandenen Kenntnisse und Ressourcen für die Forschung effektiver zu nutzen und das Angebot für Forschende, den wissenschaftlichen Nachwuchs und Studierende zu verbessern.
Ein wichtiger Moment für die Wissenschaftslandschaft
Wissenschaftsminister Ludwig Spaenle bezeichnete bei der Unterzeichnung der Kooperationsvereinbarung am Montag, 26. Juli, in Bayreuth den Start des BPI als einen wichtigen Augenblick für die Wissenschaftslandschaft in Nordbayern. Der Zusammenschluss der drei Universitäten sei beispielhaft für eine erfolgreiche Teamarbeit in der bayerischen Wissenschaftslandschaft. „Im Bayerischen Polymerinstitut bringen die drei Universitäten ihre jeweils unterschiedlichen Kompetenzen in der kunststoff-technischen Forschung ein. Damit haben wir beste Chancen, um mit dem Institut eine national führende Forschungseinrichtung in Bayern zu etablieren“, so Spaenle.
Die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft stellte Alfred Forchel, Präsident der Universität Würzburg, in seinem Grußwort in den Vordergrund. „Mit der Beteiligung am Bayerischen Polymerinstitut werden wir das anwendungsrelevante, und für die Region Unterfranken sehr wichtige Gebiet der Materialwissenschaften beträchtlich weiter ausbauen können“, so Forchel. Gleichzeitig ergänzen die Forschungsaktivitäten in Würzburg in idealer Weise diejenigen an den Universitäten Bayreuth und Erlangen-Nürnberg. Die Weichen für eine erfolgreiche Entwicklung des BPI und damit für eine weitere Stärkung des gesamten Wissenschafts- und Wirtschaftsstandorts Nordbayern seien damit gestellt.