Für eine stärkere regionale wie auch interkommunale Zusammenarbeit plädierte Oberbürgermeister Christian Schuchardt beim heutigen Neujahrsempfang der Stadt Würzburg. Und so waren unter den rund 600 Bürgerinnen und Bürgern auch viele Vertreter aus der Region Mainfranken im Ratssaal anwesend: Neben Dr. Josef Schuster, dem Präsidenten des Zentralrates der Juden in Deutschland, waren unter anderem auch Bundestagsabgeordneter Paul Lehrieder, die Landtags-abgeordneten der Region Kerstin Celina, Dr. Hans-Jürgen Fahn und Georg Rosenthal sowie die unterfränkischen Landräte Eberhard Nuß, Tamara Bischof, Thomas Habermann und Thomas Schiebel in den Ratssaal gekommen. Gastredner war jedoch ganz im Zeichen der regionalen Zusammenarbeit der Schweinfurter Oberbürgermeister Sebastian Remelé.
Zu Beginn des Empfangs ging Schuchardt auf die Ereignisse in Paris in den vergangenen Wochen ein. *Die Anschläge in Paris haben auch uns gegolten. Sie haben sich über die konkreten Ziele hinaus gegen elementare Menschenrechte und tragende Pfeiler unserer freiheitlichen Demokratie gerichtet“, so der Würzburger OB, der zugleich der Gewalt eine klare Absage erteilt: *Wir werden nicht vor denen zurückweichen, die mit Gewalt die Freiheit einschränken oder abschaffen wollen. Und wir werden es nicht zulassen, dass der islamistische Terror unsere Gesellschaft spaltet, denn wir wissen: Die überwältigende Mehrheit der in Deutschland lebenden Muslime lehnt Gewalt ab, befürwortet Meinungs- und Religionsfreiheit und steht zur Demokratie.“ 70 Jahre Kriegsende und Zerstörung Würzburgs Im Jahr 2015 jähren sich zum 70. Mal das Ende des Zweiten Weltkrieges wie auch die Zerstörung Würzburgs. *Wir sind alle aufgerufen, entschlossen gegen die Geisteshaltungen anzugehen, die damals zum Krieg geführt haben und heute wieder den Frieden bedrohen. Wir sind aufgerufen, dem Nationalismus die Völkerverständigung entgegenzusetzen, dem Rassismus die uneingeschränkte Achtung der Menschen-würde und dem politischen Extremismus die Wahrung von Recht und Freiheit“, so
Schuchardt: *Wir wollen eine offene und tolerante Gesellschaft, in der alle Menschen unabhängig von ihrer Herkunft und Religion gut leben können.“ Im Mittelpunkt des Neujahrsempfanges stand die regionale und interkommunale Zusammenarbeit. *Heute konkurrieren weniger Städte sondern vielmehr Regionen miteinander“, betont der Würzburger Oberbürgermeister, der für ein selbstbewusstes Mainfranken plädiert:
*Dazu ist es notwendig, dass wir unsere Kräfte bündeln, wie es in der Region Mainfranken GmbH geschieht“. In diesem Prozess kämen Schweinfurt und Würzburg eine Schlüsselrolle zu. Sie sind die beiden größten Städte in der Region und die beiden regionalen Oberzentren. Sie seien damit geborene Partner für die regionale Kooperation und ergänzen sich in wichtigen Bereichen.
Weg vom Kirchturmdenken
Würzburg und Schweinfurt werden deshalb künftig häufiger gemeinsam agieren. Gastredner Sebastian Remelé gab zunächst einen Überblick über die gemeinsamen Wurzeln und die doch geteilte Geschichte der beiden Städte. Dass Schweinfurt im Zuge der Gegenreformation die evangelisch gewordenen Würzburger aufgenommen hatte, habe zur wirtschaftlichen Entwicklung Schweinfurts beigetragen, betonte Remelé.
Im 30-jährigen Krieg waren sich die beiden Städte in verfeindeten Lagern gegenüber gestanden. Gemeinsam wurden Würzburg und Schweinfurt in das Königreich Bayern annektiert und verloren damit im Jahr 1813 ihre Eigenständigkeit. *Würzburg gelang es, seine Stellung als geistiges Zentrum Unterfrankens zu bewahren und auszubauen. Schweinfurt hingegen wurde Provinzstadt“, bedauerte Remelé.
Doch Schweinfurt gelang der Durchbruch zu einem der bedeutendsten Industriestandorte Nordbayerns mit Erfindung der Kugelschleifmaschine am Ende des 19. Jahrhunderts. Heute hat Schweinfurt seine einstmalige Verschuldung auf praktisch Null zurückgefahren und kann auf eine üppige Rücklage von 40 Millionen Euro blicken. In Zukunft wird auch in Schweinfurt die große Aufgabe der Konversion anstehen. Hier müssen rund 100 Hektar Militärgelände in städtischen Raum gewandelt werden. Im Sommer wird dort eine Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber und Flüchtlinge entstehen. Auf dem i-Campus auf dem Gelände der ehemaligen Ledward Barracks werden deutsche wie ausländische Studenten der gemeinsamen Schweinfurter und Würzburger Hochschule für angewandte Wissenschaften komplett in englischer Sprache unter-richtet.
Nur gemeinsam sind wir stark
*Ich bin Oberbürgermeister Christian Schuchardt und sämtlichen Mit-gliedern der Region Mainfranken dankbar“, so Remelé, *dass sie dieses Projekt als Leuchtturmvorhaben für die nächsten Jahre in Mainfranken definiert haben und ihre volle politische Unterstützung zusagten.“ Damit erfülle die Region Mainfranken einer ihrer zentralsten Rollen: Die Gesamtregion zu stärken, die Kräfte zu bündeln und gegenüber München mit einer Stimme zu artikulieren. Remelé rief dazu auf, einen gemeinsamen Ballungsraum Würzburg-Schweinfurt zu bilden.
*Weder Würzburg und erst recht nicht Schweinfurt sind auf sich allein gestellt in der Lage, diese Sogwirkung zu entfalten. Nur beiden Städten gemeinsam mit den sie umgebenden Landkreisen kann diese Herkulesaufgabe gelingen.“ Weg vom Kirchturmdenken hin zu einer starken, gemeinsam agierenden Region * ist das neue Motto für die Region Mainfranken, getragen so-wohl von Würzburgs Oberbürgermeister Christian Schuchardt als auch Schweinfurts Oberbürgermeister Sebastian Remelé.
Für die musikalische Umrahmung sorgte mit dem Conrads Kartell eine Band, die im vergangenen Jahr als Preisträger für Junge Kultur in Würzburg ausgezeichnet wurde.