Was verleitet vier Buchhändler und einen Antiquar einen ganzen Schrank mit Romanen, Beststellern und Kinderbüchern, die man sonst in ihren Läden kaufen kann, mitten in der Innenstadt kostenlos anzubieten? Und die Stadtbücherei ist auch mit dabei, obwohl niemand den Leihausweis zücken muss. Der Hintergrund erschließt sich schnell, wenn man einen weiteren Partner der Aktion kennt: die Stiftung Lesen! In Würzburg steht nun vor der Eichhornstraße 7 (Nahe Eingang Intimissimo) ein offener Bücherschrank. Hier finden im Vorbeigehen Bücherfans und solche, die es werden wollen, eine bunte Auswahl an Lesestoff. Diese kann sich im Minutentakt ändern. Das Ausleihen oder auch Behalten ist ausdrücklich erwünscht, natürlich läuft die Sache aber erst dann richtig rund, wenn Bürger sich von einem Buch, das sie gerne gelesen haben, auch wieder trennen können und es hier für den nächsten Leser par-ken.
Bei der Präsentation der neuen Lese-Anlaufstelle im direkten Umfeld mehrerer Sitzgelegenheiten dankte Oberbürgermeister Christian Schuchardt Mainpost, Koenig & Bauer, Krick-Verlag und Vogel Business Media. Die vier Würzburger Druck- und Medienhäuser „spendierten“ den modernen Schrank, der von allen vier Seiten die Literatur im Inneren hinter Glas schützt und gut präsentiert. Diese Aktion ist aber nur der Abschluss einer Reihe von Aktionen, die sich für die „Leseförderung in der Region Würzburg“ stark machten. Insgesamt 100.000 € aus einem Benefizkonzert im Jahr 2015 mit dem Pianisten Martin Stadtfeld flossen in zahlreiche Projekte, die entweder in Schulen oder Kitas Hilfestellungen bieten oder sich gezielt an Personen wenden, in deren Alltag Bücher keine große Rolle spielen, oder die sich mit dem Lesen und Schreiben schwer tun. „In Deutschland gibt es rund 7,5 Millionen Menschen im erwerbsfähigen Alter, die funktionale Analphabeten sind. Das ist eine viel zu hohe Zahl, erst recht in einem Land, das ein Wissensstandort ist“, betonte Sabine Uehlein von der Stiftung Lesen. Durch Maßnahmen wie Leseclubs oder spezielle Bücher-Themen für bestimmte Zielgruppen konnten laut Anja Flicker von der Stadtbücherei bereits viele niederschwellige Angebote gemacht werden. Bei der jetzigen Aktion findet Oberbürgermeister Christian Schuchardt mehrere Aspekte sehr gelungen. Mitten in der Innenstadt sei die Aktion auch ein Bekenntnis einer „belesenen“ Stadt, die aktuell auch den 150. Geburtstag von Max Dauthendey feiert. Gut sei es, sich an alle Altersklassen zu wenden. Ganz unten stehen die Bücher für die Kleinsten. Die Buchhändler und die Bücherei werden als Projektpaten ein Auge darauf werfen, dass möglichst immer eine solche Ordnung wie nun zum Projektstart herrscht.
Einen wichtigen Praxistest hat der Bücherschrank bereits am ersten Tag bestanden, wie Mitinitiator Dr. Gunther Schunk von Vogel Business Media betonte. Strömender Regen – sonst der Feind jedes Buches – prallt am schmucken Kasten einfach ab. Und wenn die Innenstadt dann wieder mehr zum Verweilen einlädt, steht dem Lesevergnügen nichts mehr im Wege.