Als einer von nur sehr wenigen deutschen Studienpartnern testet das Uniklinikum Würzburg eine neue, entzündungshemmende Behandlungsstrategie für Patienten mit kritischen Durchblutungsstörungen der Beine. Zentrales Element hierbei ist ein innovativer Mikro-Ballonkatheter, der eine Injektion von Medikamenten in die Wand des betroffenen Blutgefäßes ermöglicht.
Mindestens jede/r Fünfte Deutsche über 65 Jahren hat Durchblutungsstörungen in den Beinen. Hauptursache ist eine Verengung der Beinschlagadern durch die Ablagerung von Blutfetten, Thromben und Bindegewebe in den Gefäßwänden, die so genannte Arteriosklerose. Bei einem fortgeschrittenen Stadium dieser peripheren arteriellen Verschlusskrankheit sprechen die Mediziner von einer Kritischen Extremitätenischämie, kurz CLI. „Die Patienten leiden dann auch in Ruhe häufig unter lähmenden Schmerzen. Oft bilden sich Geschwüre an den Beinen und Füßen. Es können lebensgefährliche Infektionen, die Amputation von Gliedmaßen oder sogar der Tod drohen“, schildert Ralph Kickuth, Professor für Interventionelle Radiologie am Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie des Uniklinikums Würzburg (UKW).
Problem: Vernarbungsreaktionen nach PTA
Um die Durchblutung wiederherzustellen, werden die verengten oder verschlossenen Arterien meist mit Hilfe eines Ballonkatheters geweitet. In der medizinischen Fachsprache heißt dieser minimal-invasive Eingriff „Perkutane transluminale Angioplastie“, kurz PTA. „Bei etwa der Hälfte der so therapierten Patienten kommt es nach wenigen Jahren erneut zu Verschlüssen. Der Grund hierfür ist meist das unvermeidliche, durch die PTA ausgelöste Gefäßwandtrauma“, berichtet Prof. Kickuth. Denn bei manchen Patienten reagiere der Körper nach der Aufdehnung durch den Ballonkatheter mit einer überschießenden Entzündungs- und Vernarbungsreaktion an der behandelten Stelle. Dieses sekundäre Anschwellen führt laut dem Würzburger Gefäßexperten dann zu einer erneuten Einengung.
Teil einer europaweiten Phase 2-Studie
Um hier gegenzusteuern, schlägt die europaweite Phase 2-Studie „LIMBO-PTA“ einen neuen Behandlungsweg ein. Das Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie des UKW ist eines von nur zwei radiologischen Zentren in ganz Deutschland, die über die Expertise und den erforderlichen Patientenstamm verfügen, um an der Studie teilzunehmen. Prof. Kickuth erläutert: „Ziel der neuen Therapie ist es, von innen in die Wand des mit einem Ballon geweiteten Blutgefäßes entzündungshemmendes Cortison zu injizieren. Der technologische Schlüssel hierzu ist ein neuentwickeltes Mikro-Infusionssystem.“
Neuer Spezialkatheter als Schlüsseltechnologie
Dabei handelt es sich um einen Spezialkatheter, der mit einer Ballon-ummantelten Mikronadel bestückt ist. Mit einem minimal-invasiven Eingriff wird der Katheter im Blutgefäß an die verengte Stelle geschoben. Durch das Aufblasen des Ballons richtet sich die feine Injektionsnadel senkrecht zur Gefäßwand auf und ermöglicht so den kontrollierten Einstich in die etwa ein bis zwei Millimeter starke Wand. Die von Kontrastmitteln unterstützte Bildgebung der Angiografieanlage hilft bei der exakten Navigation des Katheters und der Nadel. „Da die Injektionsnadel nur wenige Mikrometer stark ist, spürt der Patient den Einstich nicht“, versichert Prof. Kickuth.
Für bis zu 300 Patienten jährlich interessant
Nachdem sich das Verfahren beim Einsatz in den größerlumigen Gefäßen des Oberschenkels bereits bewährt hat, steht bei der aktuellen Studie die Behandlung von Unterschenkelgefäßen im Fokus. Prof. Kickuth: „Wir versorgen pro Jahr am UKW bis zu 300 CLI-Patienten, für die das neue Behandlungsangebot in Frage kommt. Das Verfahren ist in Deutschland derzeit nur im Rahmen der LIMBO-PTA-Studie erhältlich und für die teilnehmenden Patienten kostenlos.“ Ab Mitte Februar dieses Jahres können die ersten CLI-Kranken am UKW so behandelt werden. Das Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie kooperiert dabei eng mit der Abteilung für Gefäßchirurgie und endovaskuläre Chirurgie.