Kulturmedaillen 2014: Brauchen wir Preisträger und wenn ja, wie viele?


Kulturmedaillen 2014:
Brauchen wir Preisträger und wenn ja, wie viele?

Dr. Roland Flade, die Volunteers des Mainfränkischen Museums und der Kunstverein Würzburg erhalten die Kulturmedaillen 2014 der Stadt Würzburg. „Sie stehlen uns heute die Show!“: Kulturreferent Muchtar Al Ghusain nutzte bei der Preisverleihung die Möglichkeit humorvoll auf den Rundumschlag von Prof. em. Eberhard Fiebig zu antworten, der als Laudator der Kulturpreisverleihung vor zwei Wochen Veranstaltungen dieser Art, Kulturbürokraten, Selbstbeweihräucherung und vieles mehr scharf kritisiert hatte.

Al Ghusain wie auch Oberbürgermeister Christian Schuchardt ließen keinen Zweifel aufkommen, dass es Preisverleihungen braucht und wer im Mittelpunkt einer solchen Huldigung stehen muss: Die Künstler, Autoren und Initiativen, welche die Würzburger Kulturlandschaft prägen oder maßgeblich unterstützen! „Wir Menschen müssen viele Dinge leisten, erledigen und abarbeiten. Viel spannender ist oft jedoch der Teil, den wir geben können aber nicht müssen. Diese Schnittstelle ist es, die Ehrenamt, der Dienst an und für die Gesellschaft, möglich macht und gleichzeitig so wertvoll“, würdigte Schuchardt die Verdienste der auszuzeichnenden Ehrengäste.

Diese kamen in großer Zahl. Die Volunteers des Mainfränkischen Museums saßen in einem großen Block, wo bei Stadtratssitzungen die Verwaltungsspitze Platz nimmt, so dass Museumsleiterin Dr. Claudia Lichte in ihrer Laudatio treffend formulierte: „Sie sind nicht nur heute mein Rückhalt, bei dem ich mich auch ganz persönlich bedanken möchte.“ Lichte verglich die Volunteers mit den fleißigen Heinzelmännchen, die aber anders als in der Sage auch die Öffentlichkeit nicht scheuen, um das Museum vielen Gästen zu vermitteln. An Events wie das Museumsfest mit 6400 Besuchern auf einen Streich wäre ohne die helfenden Hände gar nicht zu denken. Gerda Hoffmann bedankte sich im Namen der rund 50 Volunteers, die seit der Riemenschneider-Ausstellung 2004 eine Institution sind, für die Auszeichnung und sagte es sei leicht dem Team eine weitere Freude zu machen, die Gäste der Preisverleihung sollten einfach mal wieder das Museum besuchen.

Auch der Kunstverein Würzburg hat eine Idee, wie man ihm neben der Auszeichnung eine weitere Freude machen kann. Laudator Prof. em. Klaus Toyka und der aktuelle Vorsitzende Bernd Schmidtchen waren sich einig, der aktuelle Standort der „Arte Noah“ am Ludwigskai, sei nicht nur eine gute Übergangslösung, so lange die Kaimauer am Kulturspeicher saniert wird, hier würde die schwimmende Galerie mit den Giraffenköpfen von Herbert Mehler gerne auf Dauer vor Anker gehen. Toyka würdigte die Geschichte und die Verdienste einzelner Gründungsmitglieder des Vereins, der sich bereits zu einer Zeit für zeitgenössische Kunst stark machte, als solche Ausstellungen in Würzburg noch eher Rarität waren. Seit der Kahntaufe 1995 hat Würzburg hierfür nun eine feste Adresse, wenn die Galerie nicht gerade auf Tour in anderen Kulturstädten ist oder den Hochwasser-Fluten trotzen muss.

„Geschichte und Geschichten“ war nicht nur der Titel eines Vortrags von Dr. Roland Flade im Rahmen eines Workshops der Würzburger Erinnerungskultur vor wenigen Wochen, für Laudatorin Dr. Bettina Keß taugt diese Formel auch als ein Motto für das Werk und Wirken Flades generell. Der Historiker und Lokalredakteur der Main Post kann auf eine sehr große Zahl von Publikationen zurückblicken. Standardwerke wie „Die Würzburger Juden“ aber eben auch kleine Geschichten und Sonderseiten, in denen durch Augenzeugenberichte Historisches zum Leben erweckt wird.
Keß betonte in ihrer Würdigung, dass die Werke Flades nicht nur deshalb
– weit über die Stadtgrenzen hinaus Wertschätzung erfahren – weil er sein Handwerk als Wissenschaftler und Journalist außerordentlich beherrsche, seine leise und freundliche Art sei zudem der entscheidende Türöffner zu ganz besonderen Menschen und Biographien. Bei diesen Menschen, die sich ihm anvertrauten, um zum Beispiel über den Holocaust oder ihre Auswanderung zu sprechen, bedankte sich dann auch Flade.
Einige Zeitzeugen wurden zu guten Freunden. Der Autor, der seit 1971 in Würzburg lebt und zuletzt ein Buch über die bewegte Geschichte des Hublands herausbrachte, bezeichnete Publizieren als Gemeinschaftsaufgabe und schloss von daher die Archivare und Verleger, die ihn über Jahre unterstützten, in den Dank mit ein.

Selten passte die musikalische Umrahmung einer Preisverleihung besser zum Geehrten als an diesem Abend: Das Winterstein-Sintett griff im Ratssaal in die Saiten. Über die Verfolgung der Sinti-Familie Winterstein im Dritten Reich hatte Flade 2008 das Werk „Dieselben Augen, dieselbe Seele“ verfasst.