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Oskar Neisinger


Am 14. Dezember 1985, starb in Würzburg „die Leitfigur der katholischen Jugend“ Oskar Neisinger und wurde auf dem Waldfriedhof unter großer Anteilnahme der Bevölkerung beigesetzt.

Prälat Werner Köster aus Bonn, der zu Beginn der fünfziger Jahre dem Verstorbenen im Amt des Würzburger Diözesanjugendführers gefolgt war und die Aussegnung vollzog, wies in seinem persönlichen Nachruf darauf hin, dass Neisinger viele Menschen in ihren entscheidenden Jahren geprägt habe.

Das feierliche Requiem in der Steinbachtal-Pfarrkirche St. Bruno zelebrierte der frühere Sekretär der deutschen Bischofskonferenz und spätere Bischof von Hildesheim Dr. Josef Homeyer.

Oskar Neisinger ist am 18. September 1919 in Würzburg geboren.

Er zeigte schon früh starkes Interesse für die katholische Jugend. Bereits 1930 trat er der marianischen Kongregation bei.

Nachdem die Nationalsozialisten zwischen 1933 und 1935 allmählich alle kirchlichen Organisationen aufgelöst hatten, wurde Oskar Neisinger zur Leitfigur für die im Geheimen weiterexistierende katholische Jugend. Unter seiner Führung begann sie, politisch aktiv zu werden. Anfangs waren, zum Beispiel am Christkönigsfest, noch Kundgebungen vor dem Bischofspalais möglich. Später gingen geheim produzierte Flugblätter, etwa gegen die Euthanasie, bis nach München.

Als 1938 die Pflicht zum Eintritt in die Hitlerjugend (HJ) und das Jungvolk eingeführt wurde, hat Neisingers Überzeugungskraft und Unterstützung viele Jugendliche vor dem Abgleiten in die Nazi-Ideologie bewahrt. Durch den Krieg verlor die katholische Jugend nach und nach ihre Führungskräfte, die in die Wehrmacht eingezogen wurden. Daher übernahm Oskar Neisinger ab 1941 die Aufgabe, unbemerkt von der Gestapo im Kapitelsaal der Burkarder Kirche neue Jungführer heranzuziehen. Von 1942 bis 1944 studierte er Philosophie und Theologie an der Universität Würzburg. 1944 wurde er schließlich selbst eingezogen und kam nach Holland. Von dort aus schlug er sich nach Kriegsende in Priesterkleidung nach Würzburg durch, wo er am Christkönigstag 1945 ankam.

Sofort engagierte sich Neisinger wieder in der Jugendarbeit. Er errichtete eine „Zentrale“ in einem kleinen Raum im Domkreuzgang. Dort gründeten er und seine Freunde die erste Zeitschrift für Jungführer der katholischen Jugend – die Jugendlichen waren auf reine Selbstfinanzierung angewiesen. Von Oktober 1945 bis 1952 war Neisinger Diözesanjugendführer im Bistum Würzburg, bis 1957 stellvertretender Bundesjugendführer. Nach seinen Aktivitäten als Jugendführer arbeitete er bis zu seinem Tod 1985 als Publizist für die Kirche. Er verstand es, auch Menschen ohne Bibelkenntnisse Wertvorstellungen und kämpferischen Mut zu vermitteln.

In den Jahren 1950 bis 1960 war er Chefredakteur des „Jungführers“, der die Führer der Deutschen Katholischen Jugend ansprach. Daneben arbeitete er von 1952 bis 1953 als Feuilletonredakteur beim „Fränkischen Volksblatt“ und war von 1953 bis 1956 Verlagsleiter und Bildungsreferent im Jugendhaus Düsseldorf. 1956 wurde er Chefredakteur der „Allgemeinen Sonntagszeitung“ in Würzburg. 1961 wechselte er auf den Stuhl des Chefredakteurs des „Konradsblattes“ in Freiburg. 1968 übernahm er die Stelle eines stellvertretenden Chefredakteurs der katholischen Wochenzeitung „Publik“ und wurde 1972 Schriftleiter des Mitteilungsblattes „Synode“ und ab 1972 war Neisinger Pressereferent beim Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz.

„Von Neisingers Wirken ist viel übrig geblieben, nämlich über 10 000 noch heute amtierende Kapläne, Vikare und Pfarrer sowie fast 100 000 damals Jugendliche, die sich dank seiner Autorität trotz aller Nazipropaganda die Hinwendung zur Kirche bewahrten“, sagte Prälat Köster bei einer Tagung im Matthias-Ehrenfried-Haus.

1981 trat Neisinger krankheitsbedingt in den Ruhestand. Vorher hatte Papst Johannes Paul II. ihn in Anerkennung ungewöhnlicher Leistungen zum Komtur des Gregorius-Ordens ernannt. Wie sehr auch darin sich’s eine Verbundenheit mit der Kirche äußerte, lässt sich aus Neisingers Büchern erkennen, die durchwegs der Kirche und Kirchenführern gewidmet sind, so die Bildbände über die „Kirche und die Freude“, über die „Kirche der Windrose“, über Kardinal Julius Döpfner, über die Deutschlandreise des Papstes. Sein letztes Buch „Flugblätter“ ist eine Darstellung des kirchlichen Widerstandes in der Nazizeit.

Text und Foto: Willi Dürrnagel