Aktuelles aus der Palliativmedizin


Eine neue Patientenleitlinie beschreibt das aktuelle Vorgehen bei der palliativmedizinischen Behandlung. Ein neues Projekt will das Zusammenwirken von Pflegeheimen und Krankenhäusern am Lebensende der Patienten verbessern. Und eine neue Studie belegt die positiven Effekte von medizinischem Yoga für Krebspatienten. Schlaglichter des Interdisziplinären Zentrums Palliativmedizin des Uniklinikums Würzburg auf aktuelle Themen.

Das Team des Interdisziplinären Zentrums Palliativmedizin des Uniklinikums Würzburg (UKW) nutzte die Eröffnung einer Kunstaustellung in seinen Räumen am 17. Februar dieses Jahres, um Mediziner, Pflegekräfte, Patienten und sonstig Interessierte über Neuigkeiten aus der Palliativmedizin zu informieren. So wurde vor wenigen Wochen eine Patientenversion der „S3-Leitlinie zur palliativmedizinischen Versorgung von erwachsenen Patienten mit einer nicht heilbaren Krebserkrankung“ veröffentlicht. Laut der Leiterin des Palliativzentrums des UKW, Privat-Dozentin Dr. Birgitt van Oorschot, zählt die zugrundeliegende, Mitte vergangenen Jahres von mehreren medizinischen Fachgesellschaften, Institutionen und Patientenvertretern herausgebrachte S3-Leitlinie zu den derzeit wichtigsten und umfassendsten Behandlungsempfehlungen in der Palliativmedizin. Die neue, 138-seitige Patientenversion der Publikation richtet sich an krebskranke Erwachsene mit palliativmedizinischem Betreuungsbedarf sowie deren Angehörige. Unter anderem stellt sie Unterstützungsmöglichkeiten, Betreuungseinrichtungen sowie Beratungs- und Hilfsangebote dar.

Leitlinienempfehlung: Gestufte Versorgung nach Belastungsgrad
„Als für die Praxis sehr wertvoll halte ich unter anderem das in der Leitlinie vorgestellte Modell einer gestuften palliativmedizinischen Versorgung, die sich am Belastungsgrad von Erkrankten und Angehörigen orientiert“, kommentiert Dr. van Oorschot. Demnach kann bei niedriger bis mittlerer Belastung die Betreuung durch eine Allgemeine Palliativversorgung (APV) geleistet werden, zum Beispiel stationär auf allgemeinen oder onkologischen Krankenhausstationen sowie in Pflegeeinrichtungen oder ambulant durch Hausärzte, Fachärzte und Pflegeteams vor Ort. Die Behandelnden müssen in diesen Fällen zwar über palliativmedizinische Grundkenntnisse verfügen, jedoch nicht über Spezialqualifikationen. Je komplexer die Erkrankungssituation, desto mehr Expertenwissen und Aufwand erfordert die Betreuung. Nach Einschätzung der Leitlinien-Autoren sollten diese Patientinnen und Patienten eine Spezialisierte Palliativversorgung erhalten (SPV). Hierbei werden die Erkrankten rund um die Uhr von konkret für die Palliativversorgung ausgebildeten Menschen betreut. „Diese Aufteilung ermöglicht den Zuschnitt der Palliativversorgung auf die individuellen Patientenbedürfnisse. Außerdem werden die Möglichkeiten der Allgemeinen Palliativversorgung noch besser berücksichtigt, durch die ja der überwiegende Teil der Patienten – wie auch bisher schon – im Sterben gut versorgt ist. Palliativstationen, Hospizdienste, Hospize sowie hier in der Region Würzburg das Team der Spezialisierten Ambulanten Palliativversorgung der Stiftung Juliusspital helfen und unterstützen gerne in schwierigen Situationen“, betont Dr. van Oorschot. Das Konzept der neuen Leitlinie fördere die Vernetzung aller Beteiligten. Demnach sollten ehrenamtliche Hospizhelfer, hauptamtliche Pflegefachkräfte, Angehörige, Hausärzte, Fachärzte und Palliativspezialisten gemeinsam für die Interessen der Patienten einstehen.
Die Patientenbroschüre kann kostenlos heruntergeladen werden unter http://leitlinienprogramm-onkologie.de, Rubrik „Patientenleitlinien“.

Projekt unterstützt Palliativversorgung im Pflegeheim
Rund ein Fünftel aller Menschen in Deutschland sterben in Pflegeheimen, Tendenz steigend. Der Grund für einen Umzug in eine solche Einrichtung ist bei vielen der durch eine Demenz hervorgerufene Unterstützungsbedarf. „Sterbebegleitung gehört zu den ureigenen Aufgaben von Pflegeheimen. Im Vergleich zum Sterben im Pflegeheim, das viele Senioren ja als ihr Zuhause empfinden, ist der durch eine Palliativsituation hervorgerufene Ortswechsel in eine Klinik gerade für demente Patienten eine hohe zusätzliche Belastung“, weiß Dr. van Oorschot und fährt fort: „Deshalb müssen wir alles dafür tun, dass eine Sterbebegleitung im Pflegeheim gut gelingt und finale Noteinweisungen ins Krankenhaus möglichst vermieden werden.“ Hier setzt das Projekt „Mobile Palliativambulanz“ des Palliativnetzwerks Region Würzburg an. Zum Netzwerk gehören die Palliativzentren des UKW und des Juliusspitals, das stationäre Hospiz im Würzburger Stadtteil Sanderau, Vertreter der ambulanten häuslichen Versorgung, stationäre Pflegeeinrichtungen, Akutkrankenhäuser, die evangelische und katholische Seelsorge, Hospizgruppen sowie verschiedene Beratungs-, Fort- und Weiterbildungseinrichtungen. Ziel des Projekts ist es, an der Schnittstelle Krankenhaus/Pflegeheim ein Angebot aufzubauen, das ein frühes Identifizieren und Begleiten von Pflegeheimbewohnern mit Palliativbedarf ermöglicht. „Künftig sollen ärztliche und pflegerische Mitarbeiter des Palliativmedizinischen Dienstes und der Palliativambulanz die Patienten sowie die Angehörigen, die Hausärzte und die Pflegeeinrichtungen noch besser beraten und unterstützen“, schildert Dr. van Oorschot, die auch die Sprecherin des Palliativnetzwerks Region Würzburg ist. Die Behandlung werde dadurch vorausschauend und sektorenübergreifend an den individuellen Gesundheitszielen der Patienten ausgerichtet und die allgemeine Kommunikation optimiert. Maßnahmen, die auch die Handlungssicherheit in den Pflegeheimen verbessern. „Als ersten Schritt haben wir einen Palliativbedarfserfassungsbogen entwickelt, der ab Anfang März dieses Jahres in einer Pilotphase im Entlassmanagement des UKW sowie in ausgewählten Pflegeheimen des Kommunalunternehmens und des Bayerischen Roten Kreuzes eingesetzt wird“, berichtet Dr. van Oorschot.

Studie bestätigt: Yoga nützt Krebspatienten in allen Erkrankungsphasen
Achtsamkeitsbasiertes, medizinisches Yoga mindert bei Krebskranken nachweislich Fatique, Stress und Angst. Das gilt für alle Stufen der Erkrankung, also während der Primärbehandlung genauso, wie bei Rezidiven und in der palliativen Phase. Und die positive Wirkung setzt schnell ein: Schon nach acht Yoga-Einheiten sind beispielsweise bei Angstsymptomen signifikante Verbesserungen zu erkennen. Das sind erste zentrale Ergebnisse einer randomisiert kontrollierten Studie, die unter Leitung von Dr. Elisabeth Jentschke, Psychoonkologin im Interdisziplinären Zentrum Palliativmedizin des UKW, derzeit durchgeführt wird. Die Erhebung startete im August 2014 und endete im Juli 2015 nach der Rekrutierung von 70 Tumorpatienten des Comprehensive Cancer Centers (CCC) Mainfranken. Per Fragebögen wurden zu Therapiebeginn, am Therapieende und sechs Monate danach die Intensität der Symptome und das Befinden ermittelt. Die Ergebnisse der Nachbefragungen werden derzeit noch ausgewertet. „Aber schon jetzt sind Langzeiteffekte erkennbar. In der ersten Nachbefragung waren die Mittelwerte für Angst in der Yoga-Therapiegruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe signifikant geringer“, freut sich Dr. Jentschke.
Das medizinische Yoga kombiniert Entspannungsverfahren mit körperlicher Aktivität. „Dabei werden die individuellen Gegebenheiten der Betroffenen beachtet und durch Achtsamkeit eine Überforderung vermieden. Deshalb konnten auch sehr geschwächte und fortgeschritten erkrankte Krebspatienten an der Studie teilnehmen“, erläutert die Psychoonkologin.
Es ist geplant, die Studie fortzusetzen und medizinisches Yoga als Gruppenangebot im CCC Mainfranken fest zu verankern.

Kunstausstellung noch bis Mitte Mai zu sehen
Die eingangs erwähnte Ausstellung mit Gemälden von Sandra Pfannes auf den Fluren des Palliativzentrums des Uniklinikums Würzburg (Josef-Schneider-Straße 2, Haus D20) endet am 16. Mai 2016. Die Schau ist für externe Besucher werktags zugänglich von 14:00 bis 16:00 Uhr, für Gruppen nach Vereinbarung unter Tel: 0931/20128851.