Zwischen Kosteneffizienz und Patientenwohl


Jedem Patienten die optimale Behandlung zukommen lassen, ist Ziel jeder medizinischen Einrichtung. Doch gute Pflege ist teuer und das Geld oft knapp. Wie modernes Krankenhausmanagement in diesem Spannungsfeld aussehen muss, war Thema einer Diskussion in der Reihe „Wirtschaft trifft Wissenschaft“.

Zum dritten Mal hatten die Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der Universität Würzburg und die IHK Würzburg-Schweinfurt Experten und Interessierte in den Audimax am Sanderring eingeladen. Nach den Themen „Eurokrise“ und „Globale Trends, Regionale Auswirkungen“ stand am 30. Oktober das Thema „Gesundheitsökonomie“ im Fokus.

Ziel der Reihe ist der Austausch zwischen wissenschaftlicher Forschung und wirtschaftlicher Praxis. Andrea Szczesny, Vizepräsidentin der Universität Würzburg, stellte neueste empirische Erkenntnisse im Bereich Krankenhausmanagement vor. Aus Sicht eines privaten und eines öffentlichen Klinikträgers gaben anschließend Peter Deeg und Alexander Schraml einen Einblick in die Praxis.

Controlling im Krankenhaus

Andrea Szczesny, Inhaberin des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre, Controlling und Interne Unternehmensrechnung, betonte die Brisanz des Spannungsfelds Kostendruck und Patientenwohl. Auch in Krankenhäusern sollte man ihren Worten nach auf Controlling setzen, um die Gelder optimal zu nutzen. „Controller sind die Spaßbremsen, die erzählen, dass sich alles nicht rechnet“, erklärte Szczesny mit einem Augenzwinkern. Diese überwachende und steuernde Instanz sei jedoch wichtig, um gute Investitionsentscheidungen zu fällen. Nur wenn das Geld optimal genutzt werde, könne auch das Patientenwohl gesichert werden.

Standards rechnen sich

Eine wichtige Reform in der Krankenhausfinanzierung ist laut Szczesny die Neuregulierung der Kostenabrechnung. Anstatt tagesgleicher Pflegesätze gibt es seit 2003 Fallpauschalen in Form von Diagnose-bezogener Fallgruppen (DRGs). Jede Diagnose samt Behandlung erhält einen eigenen Code. Szczesny sieht den dabei entstehenden bürokratischen Mehraufwand für Ärzte kritisch. Gleichzeitig könnten die Codes jedoch auch dabei helfen, Leistungen besser abzurechnen und Behandlungsstandards zu etablieren.

Die Vorteile solcher Standards, die zum Beispiel festgelegte Behandlungspfade vorgeben, hat Szczesny mit ihrem Kollegen Professor Christian Ernst der Universität Hohenheim genauer untersucht. Für eine bestimmte Art von Behandlung wurde eine Checkliste eingeführt – der Ablauf war, wenn möglich, einzuhalten. Das Ergebnis: Die Fälle, die mit Checkliste behandelt wurden, waren meist kostengünstiger als freie Fälle, der Patient wurde passend behandelt, erläuterte die Professorin. Ähnliche Ergebnisse hätten Standards im Bereich OP-Management erzielt.

Qualität der Behandlung sichern

Szczesnys wissenschaftliche Erläuterung griff Professor Peter Deeg, geschäftsführender Gesellschafter der Deegenbergklinik in Bad Kissingen, mit einem Blick in die Praxis auf. Auch er unterstrich die Wichtigkeit von Standards in den Kliniken, die unmittelbar auch dem Patienten zu Gute kämen.

Während der Rehabilitation von Patienten in der Deegenbergklinik geschieht dies laut Deeg im Rahmen eines Qualitätssicherungsprogramms. Behandlungsstandards werden dort unter dem Kürzel KTL geführt: die Klassifizierung therapeutischer Leistungen. Sie schreiben eine feste Anzahl von Leistungen vor, die ein Patient während seiner Rehabilitation erhalten muss. Der Vorteil: Die Kassen können genau überprüfen, ob die Klinik sich an die Vorgaben hält. Weicht sie wiederholt ab, gibt das Punktabzug bei der Qualitätswertung.

Auch Nachteile spürbar

Das System birgt nach Deegs Worten jedoch auch Probleme. So müssten die Ärzte eine vorgeschriebene Behandlung auch dann verschreiben, wenn sie nicht unbedingt nötig wäre. Gleichzeitig gelte die Behandlung als weniger qualitativ, wenn die Mediziner eine zusätzliche Leistung verordnen, die die KTL nicht vorsieht.

Die Deegenbergklinik, so Deeg, habe eine hohe Qualitätswertung. Eine regelmäßig durchgeführte Patientenbefragung bestätige, dass das System trotz der Nachteile funktioniert – die meisten Patienten fühlten sich nach ihrer Rehabilitation wieder arbeitsfähig und gut behandelt.

Regionale Versorgung erhalten

Die Wichtigkeit einer soliden medizinischen Versorgung in der Region betonte Professor Alexander Schraml, Geschäftsführer der Main-Klinik Ochsenfurt und Vorstand der Kommunalunternehmen des Landkreises Würzburg. „Seit Jahren steigen die Kosten und die Anforderungen an die Kliniken“, so Schraml. Vor allem kleine Krankenhäuser auf kommunaler Ebene könnten die wachsende finanzielle Belastung nicht mehr schultern.

Dies resultiere in einer schlechteren medizinischen Versorgung, vor allem in ländlichen Regionen. Zusammen mit dem Rückgang der Zahl niedergelassener Hausärzte könnte dies laut Schraml schnell zu einer katastrophalen Versorgungslage führen. Weniger mobile Menschen seien dann kaum noch in der Lage, schnell medizinische Hilfe anzufordern.

Kleine Krankenhäuser leiden

„Viele Ärzte sind nur noch mit rightcoding beschäftigt“, erklärte Schraml. Ärzte hätten weniger Zeit für ihre Patienten, weil sie im Büro den passenden DRG-Code ermitteln müssten. Auch das sorge für einen Schwund an Fachkräften, die auf dem Land ohnehin Mangelware seien. Vor allem kleine Kliniken leiden. Die Main-Klinik Ochsenfurt plane deshalb schon seit Jahren vor, um weiterhin eine gute regionale Versorgung zu garantieren.

Das erfordert laut Schraml viel wirtschaftliches Know-how und eine breite Fächerung im Versorgungssystem. Die Main-Klinik lege deshalb Wert auf eine Zusammenarbeit mit niedergelassenen Ärzten und anderen Kliniken wie etwa der Uniklinik Würzburg. Hauptanliegen sei das Erhalten der kommunalen Versorgung. Kritisch sieht Schraml die vermehrte Abgabe der Versorgungssicherung an private Träger wie zuletzt in Uffenheim. Die Kommunen sollten soweit möglich ihre eigenen Kliniken betreiben. Eine solide Finanzierungsplanung sei dabei besonders wichtig.

Foto: Die Organisatoren und Teilnehmer der Veranstaltung (v.l.): Rudolf Trunk (stellvertretender IHK-Hauptgeschäftsführer), Andrea Szczesny, Peter Deeg, Dirk Kiesewetter (Prodekan der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät und Alexander Schraml. (Foto: Uni Würzburg / IHK)