Die Neurologische Klinik und Poliklinik des Uniklinikums Würzburg betreibt seit Anfang Dezember 2019 eine Infusionsambulanz. Patienten mit Krankheiten wie beispielsweise Multipler Sklerose, Polyneuropathien oder Myasthenia gravis erhalten hier intravenös moderne, vielfach schwierig anzuwendende Medikamente.
Bequeme Behandlungssessel, an den Wänden dekorative Gemälde und ein riesiger Flachbildschirmfernseher – der Behandlungsraum der neugeschaffenen Infusionsambulanz der Neurologischen Klinik und Poliklinik des Uniklinikums Würzburg (UKW) bietet einigen Komfort. Und das zu Recht, denn für viele der Patienten, die hier behandelt werden, dauern die Therapiesitzungen mehrere Stunden. „In den meisten Fällen basiert das Wirkprinzip der hier verabreichten Medikamente auf monoklonalen Antikörpern“, berichtet Klinikdirektor Prof. Dr. Jens Volkmann und fährt fort: „Die damit verbundenen Eingriffe in das Immunsystem sind sehr effektiv und meist vergleichsweise gut verträglich, setzen aber regelmäßige Infusionen voraus.“ Der Rhythmus der Therapiesitzungen für die in aller Regel chronischen Patienten variiert je nach Erkrankung zwischen dreiwöchentlich und halbjährlich.
Ein Angebot gemäß dem Maximalversorgungsauftrag
Bislang fanden die Infusionstherapien an der Neurologischen Klinik des UKW stationär statt. „Die Einrichtung dieser Ambulanz bedeutet für die Patienten, die nun nicht mehr über Nacht bei uns bleiben müssen, einen Gewinn an Lebensqualität“, erläutert Prof. Volkmann. Verständlicherweise hätten wegen des Risikos der Behandlung viele Niedergelassene Scheu vor dem Einsatz der Infusionstherapien, die in besonderem Maße überwachungspflichtig seien. Dies führte nach Prof. Volkmann zuletzt schon zu einem zurückhaltenden Angebot und zu Versorgungsengpässen bei diesen wirksamen Behandlungen. „Mit der baulichen und organisatorischen Installation der Neurologischen Infusionsambulanz können wir unseren Patienten eine moderne, zukunftsweisende Versorgung bieten, mit allen möglichen Übergängen von der stationären in die ambulante Versorgung und vice versa“, freut sich Prof. Dr. Georg Ertl, der Ärztliche Direktor des UKW, und fährt fort: „Wir kommen hier als Universitätsklinikum ein weiteres Mal beispielhaft unserem Maximalversorgungsauftrag nach und können den Patienten wie auch den niedergelassenen Kollegen der Region und weit darüber hinaus ein spitzenmedizinisches Angebot machen.“
Personelle Kontinuität schafft Vertrauen
Geleitet wird die Infusionsambulanz von Privatdozent Dr. Chi Wang Ip. Für die pflegerische Betreuung der Patienten während der Infusionssitzungen – zu der auch eine kontinuierliche Sichtkontrolle gehört – stehen ihm zwei erfahrene Krankenschwestern zur Verfügung. Zusätzlich verstärkt eine Arzthelferin das Team. „Unsere Patienten schätzen es sehr, dass sie bei ihren regelmäßigen Therapiesitzungen hier immer dieselben Ansprechpartner vorfinden und sich so ein besonderes Vertrauensverhältnis entwickeln kann“, schildert Dr. Ip. Was die Sicherheit – zum Beispiel bei den sehr seltenen allergischen Reaktionen auf die Medikamente – angeht, ist es zudem vorteilhaft, dass die Infusionsambulanz mitten im Poliklinikbereich der Neurologischen Klinik angesiedelt ist, wo in unmittelbarer Nähe besonders viele Ärztinnen und Ärzten ihren Dienst verrichten.
Der Bedarf wird steigen
„Aktuell behandeln wir pro Woche bis zu 20 Patienten. Von der Kapazität her ist hier noch Luft nach oben – mit der entsprechenden organisatorischen Optimierung sind bei der jetzigen Ausstattung wöchentlich sicher 30 Patienten realistisch“, sagt Dr. Ip. Und das ist auch gut so, denn der Bedarf wird weiter steigen. Zum einen, weil Infusionstherapien bei neuroimmunologischen Erkrankungen, wie vor allem Multipler Sklerose, mehr und mehr zum Standard werden. „Zum anderen sind aber auch für neurodegenerative Krankheiten, wie Parkinson oder die Alzheimer Erkrankung, Medikamente in der Entwicklung, die ebenfalls auf Antikörpern basieren und wohl auch Infusionstherapien benötigen werden“, kündigt Dr. Ip an. Hier könne die Ambulanz in Zukunft auch für klinische Prüfungen neuer Wirkstoffe genutzt werden.