Fast zwei Jahrzehnte lang führte Prof. Franz Grehn die Würzburger Universitäts-Augenklinik. Ende Oktober dieses Jahres ging er in den Ruhestand.
Am 24. Oktober 2014 hielt Prof. Franz Grehn seine Abschiedsvorlesung. Seit 1995 stand er als Direktor der Würzburger Universitätsaugenklinik vor, zuvor war er fünf Jahre Direktor der Mainzer Universitäts-Augenklinik. Seinem Nachfolger, Prof. Jost Hillenkamp aus Kiel, übergab er eine der größten ophthalmologischen Kliniken Deutschlands: Im Jahr 2013 wurden hier weit über 21.000 ambulante sowie knapp 5.500 stationäre Patienten behandelt.
In den vergangenen 19 Jahre förderte Prof. Grehn die am Universitätsklinikum Würzburg (UKW) in seinem Fach bestehenden Expertisen und baute weitere auf. Zu den klinischen Schwerpunkten der Klinik zählen heute die Mikrochirurgie des vorderen Augenabschnitts, die Therapie von Lid- und Augentumoren, die umfassende Behandlung der Netzhauterkrankungen, alle Formen der Laserchirurgie sowie die Sektion Schielbehandlung/Neuroophthamologie. Als weiterer Schwerpunkt entstand der Bereich der experimentellen Ophthalmologie. Hier setzten verschiedene Arbeitsgruppen neue Impulse zur Grundlagenforschung der Zellbiologie des Augenvorderabschnitts, der Elektrophysiologie des Sehsystems und der Messverfahren zur Kunstlinsenberechnung. Daneben wurde in den letzten Jahren eine moderne Hornhautbank für Hornhauttransplantationen aufgebaut.
40 Jahre arbeiten am Glaukom
Der Name des nun pensionierten Klinikdirektors selbst ist international untrennbar verbunden mit der Erforschung und Behandlung des Glaukoms. Seit über 40 Jahren beschäftigt sich der heute 66-Jährige mit der auch als „Grüner Star“ bekannten Erkrankung, die weltweit am zweithäufigsten zur Erblindung führt. „Das Fatale am Verlauf des Glaukoms ist, dass die Sehschärfe lange Zeit erhalten bleibt, während sich das Gesichtsfeld durch den absterbenden Sehnerv nach und nach verkleinert, ohne dass der Patient das merkt“, schildert Prof. Grehn. Und „was weg ist, ist weg“: Die Augenärzte können heute zwar den Prozess meist aufhalten und die Erblindung verhindern, aber den bereits eingetretenen Schaden rückgängig machen können sie nicht. Dies mache die Behandlung des Grünen Stars laut Prof. Grehn durchaus zu einer „dornigen, im Vergleich zu anderen Eingriffen im Ergebnis weit weniger befriedigenden Aufgabe“. Gleichzeitig schätzt er die Herausforderungen, die eine erfolgreiche Glaukomtherapie an den Augenarzt stellt: „Erfolge lassen sich hier nur mit sehr hohem Engagement erzielen. Neben den diffizilen Operationsmethoden sorgt unter anderem die komplexe Steuerung der Wundheilung dafür, dass man für einen Glaukompatienten mindestens zehnmal so viel Zeit aufwenden muss, wie beispielsweise für eine Katarakt-Operation.“
Neue Operations- und Nachbehandlungsmethoden entwickelt
Im Laufe der Jahre leistete Prof. Grehn bedeutende Beiträge zu den Glaukom-Operationstechniken speziell auch bei Säuglingen und Kindern und zu den zielführenden Nachbehandlungsmethoden. Ein Beweis für die Wichtigkeit und Richtigkeit seiner Entwicklungen ist, dass die Vorgehensweise des gebürtigen Würzburgers von Kliniken und Experten in aller Welt übernommen wurden und werden. Im Januar nächsten Jahres ist er zum Beispiel an ein finnisches Krankenhaus eingeladen, um dort seine chirurgischen Verfahren einzuführen.
Die hohe Glaukom-Expertise trägt maßgeblich dazu bei, dass die Augenklinik derzeit den größten Einzugsbereich aller Kliniken des UKW hat. Er reicht weit über die Grenzen Deutschlands hinaus viele der ausländischen Patienten kommen aus Skandinavien, den Staaten der ehemaligen Sowjetunion und aus Südeuropa.
Stolz ist der Klinikdirektor a. D. darauf, dass sich seine therapeutischen Konzepte und Operationstechniken über „Ableger“ in Deutschland verbreitet haben. So wurden vier seiner Mitarbeiter auf ophthalmologische Lehrstühle und mehrere auf Chefarztpositionen berufen
Verstehen wollen, was den Dingen zugrundeliegt
Neben der klinischen Forschung begeistert sich Prof. Grehn seit jeher auch für die theoretische und die Grundlagenforschung. Zu Beginn seiner Karriere hätte er sich nach eigenen Angaben auch sehr gut einen Weg als Wissenschaftler vorstellen können. Das Glaukom bot und bietet seinem Forschungsdrang ein spannendes Betätigungsfeld: „Die Ursachen der zugrundeliegenden Sehnerv-Schädigung sind noch gar nicht so genau bekannt. Die Fragen, warum und wie die dabei relevanten Zellen geschädigt werden, waren auch Teil meiner wissenschaftlichen Arbeit.“
Für seine Leistungen auf dem Gebiet der Glaukom-Forschung erhielt Prof. Grehn mehrere nationale und internationale Preise, unter denen er den Chibret International Award 1984 und den Video-Preis der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft für seine OP-Methode aus dem Jahr 2013 besonders schätzt.
Unter seinen vielen Mitgliedschaften und Funktionen in wissenschaftlichen Gesellschaften empfindet er speziell seine noch bis zum Jahr 2016 dauernde Präsidentschaft der Glaucoma Research Society als besondere Ehre. In dieser Fachgesellschaft sind rund 75 international renommierte, gewählte Experten tätig, die mit dieser Position seine Kompetenzen und Leistungen in Grundlagenforschung, klinischer Forschung und klinischer Arbeit gleichermaßen würdigen.
Autor eines Lehrbuch-Klassikers
Trotz aller Erfolge in seinem Spezialgebiet Prof. Grehn lässt sich nicht gerne auf das Etikett „Glaukom-Experte“ reduzieren. Vielmehr strebte er immer ein generalistisches Wissen in der Ophthalmologie an. Die letzten sieben Neuauflagen des Springer-Lehrbuchs „Augenheilkunde“ erstellte er als alleiniger Autor. „Neben meinen Vorlesungen ist das Lehrbuch Ausdruck meines Willens, auch auf dem Niveau der Studierenden einen Beitrag zur Verbreitung von grundlegendem, aktuellen Wissen im schönen Fach der Ophthalmologie zu leisten“, erläutert Prof. Grehn. Er plant, auch nach seiner Pensionierung weitere Neuauflagen dieses von vielen Medizinergenerationen geschätzten Standardwerks zu verfassen.
Auch für die Überarbeitung seines 1993 erschienenen Buchs „Die Glaukome“ liegt schon eine Verlagsanfrage vor.
Als Senior-Professor geht es weiter
Generell wird der Ruhestand für Prof. Grehn nicht allzu ruhig: „Ich freue mich sehr, dass die medizinische Fakultät meinem Antrag auf eine Senior-Professur zugestimmt hat. So kann ich zum Beispiel weiter zur wissenschaftlichen Aufarbeitung unserer Erfahrungen speziell im Bereich der Glaukom-Behandlung von Neugeborenen und Kindern beitragen.“
Die Pensionierung gibt ihm außerdem Gelegenheit, andere Leidenschaften zu pflegen. Dazu zählt zum Beispiel die Kammermusik, der er auf Geige und Bratsche frönt. Ein äußeres Zeichen für seine Passion: Seit die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft 2002/2003 unter der Präsidentschaft von Prof. Grehn stand, gibt es bei deren Tagungen einen weiteren festen Tagesordnungspunkt, nämlich ein Kammerkonzert der Augenärzte auf nicht nur nach Einschätzung von Prof. Grehn durchaus respektablem Niveau.
Mit etwas Selbstironie attestiert sich Prof. Grehn ferner eine „große Kunstbeflissenheit“, die sich nicht zuletzt in tiefgreifenden Kenntnissen von prähistorischer Höhlenkunst ausdrückt.
Prof. Grehn hier bei seiner Abschiedsvorlesung Ende Oktober dieses Jahres genießt einen internationalen Ruf als Glaukom-Experte Foto: Universitätsklinikum Würzburg