OB Schuchardt: Landsmannschaften sind Brückenbauer zwischen neuer und alter Heimat


Würzburg * Schlesien, Böhme, Ostpreußen * die Liste der Länder ist lang, aus denen die Vertriebenen nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges nach Würzburg gekommen sind. Mitte der 50er Jahre waren rund 13 Prozent der Würzburger Heimatvertrieben. *Ihre Eingliederung war eine einzigartige Erfolgsgeschichte“, betonte Oberbürgermeister Christian Schuchardt beim Empfang für den Bund der Vertriebenen (BdV) im Würzburger Ratssaal. Zum Thema *Nie wieder Krieg und Vertreibung“ kamen rund 150 Gäste ins Rathaus, darunter auch der Präsident des Zentralrates der Juden, Dr. Josef Schuster.
*Die Flüchtlinge, die Vertriebenen und die Aussiedler, die ab 1944 in das Gebiet der heutigen Bundesrepublik gekommen sind, waren ein großer Gewinn für unser Land“, hob Schuchardt hervor. Vertriebene haben nicht nur einen großen Anteil am Wiederaufbau der Stadt und am Aufschwung des gesamten öffentlichen Lebens, sie haben auch Würzburg kulturell sehr bereichert, in dem sie ihr heimatliches Brauchtum weiter gepflegt haben.
Heute haben rund 25 Prozent der Würzburger einen Migrationshintergrund.
Wenn man die Heimatvertriebenen und ihre Nachkommen hinzunimmt, kommt man sicher auf einen Anteil von 50 Prozent. *Das zeigt: Würzburg ist eine weltoffene Stadt und hat seine Integrationsfähigkeit bereits eindrucksvoll unter Beweis gestellt“, so Schuchardt.
Doch während in Deutschland mit 70 Jahren die längste Friedensperiode der deutschen Geschichte währt, sind weltweit noch nie so viele Menschen gezwungen gewesen, ihre Heimat zu verlassen wie seit dem Zweiten Weltkrieg. *Diese Menschen machen heute das durch, was die deutschen Flüchtlinge und Heimatvertriebenen am Ende des Zweiten Weltkriegs und in den darauffolgenden Jahren durchmachen mussten“, sagte Schuchardt:
*Wenn heute wieder Flüchtlinge in unser Land kommen, dann verpflichtet uns unser Wohlstand, ihnen ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen. Das ist ein Gebot der Humanität und Nächstenliebe, die zum Wesenskern des christlichen Abendlandes gehören, auch wenn dessen selbst ernannte Rette, die Pegidas und Wügidas, das nicht akzeptieren wollen.“ Schuchardt würdigte in seiner Rede die Verdienste der Landsmannschaften, die Brückenbauer zwischen neuer und alter Heimat seien und zugleich mit ihrer Kulturarbeit die Weite und Vielfalt der deutschen Kultur bewusst machen.
Auch wenn inzwischen 70 Jahre Frieden in Deutschland herrschen, so *dürfen wir es nicht zulassen, dass die damaligen Ereignisse in Vergessenheit geraten“, betont der Oberbürgermeister: *Das durch Krieg, Flucht und Vertreibung verursachte Leid ist eine eindringliche Mahnung an uns, alles zu tun, damit sich die Schrecken der Vergangenheit nicht wiederholen, indem wir uns mit aller Kraft für den Frieden und die Verständigung und Freundschaft zwischen den Völkern einsetzen.“ *Wo man hinschaut, gibt es kriegerische Konflikt die Millionen Menschen aus der Heimat vertrieben haben“, ging auch Gastredner Dr. Bernd Fabritius, MdB und Präsident des Bundesverbandes der Vertriebenen, auf die aktuelle Situation ein. Viele der Heimatvertriebenen wissen, so Dr.
Fabritius, was es heiße, nicht willkommen zu sein. Flüchtlinge bedürfen jedoch der Solidarität und der Empathie, so der Präsident des BdV: *Ich sehe den Flüchtlingsschutz als gesamtgesellschaftliche Aufgabe.“ Auch dürfe Antisemitismus jeder Couleur nie wieder Fluchtbewegungen auslösen, betonte Dr. Fabritius vor dem Hintergrund, dass Franzosen und Dänen jüdischer Religionszugehörigkeit nach den Anschlägen auf ein französisches Satiremagazin nach Israel geflohen seien: *Ich verurteile jede Form von Antisemitismus“, erklärte der BdV-Präsident.
Man müsse aber diskutieren, dass es in der Bevölkerung Ängste gebe, so der BdV-Präsident. Diese Ängste müsse man hinterfragen und ihnen entgegenwirken.