In der modernen Krebstherapie kommen Kinase-Inhibitoren verbreitet zum Einsatz. Aber wie kann man den Spiegel dieser Medikamente im Blut der Patienten messen, um im Idealfall die individuelle Behandlung noch weiter zu verbessern? Dieser Frage widmet sich ein Forschungsprojekt der Würzburger Universitätsmedizin. Die Hector Stiftung II unterstützt das Vorhaben in den kommenden drei Jahren mit insgesamt 300.000 Euro.
Einer der Förderschwerpunkte der Hector Stiftung II ist die Krebsforschung – und das jetzt auch in Würzburg: Ende September dieses Jahres kam die Förderzusage für ein von der Würzburger Universität und dem Uniklinikum Würzburg (UKW) gemeinsam getragenes Drug Monitoring-Projekt. Im Zentrum stehen dabei Kinase-Inhibitoren. Vertreter aus dieser Gruppe von Krebsmedikamenten werden bei vielen Tumorerkrankungen eingesetzt. Im Gegensatz zu herkömmlichen Chemotherapeutika wirken sie nicht unspezifisch auf alle sich schnell teilenden Zellen, sondern primär gegen bestimmte Schlüsselenzyme in den Krebszellen, weswegen auch von einer zielgerichteten Therapie gesprochen wird. Die Patienten nehmen das jeweilige Medikament in der Regel täglich und langfristig als Tablette ein.
Problem: Nebenwirkungen und unterschiedliche Wirksamkeit
„Allerdings kommt es auch hier häufig zu Nebenwirkungen, die die Lebensqualität deutlich beeinträchtigen und sogar einen Abbruch der Therapie nach sich ziehen können. Außerdem sprechen einige Patienten von Beginn an nicht auf die Behandlung an oder es kommt im Verlauf zum Therapieversagen“, berichtet Prof. Dr. Hartwig Klinker. Der Leiter des Therapeutischen-Drug-Monitoring-Labors der Medizinischen Klinik II ist – zusammen mit Dr. Nora Isberner – auch der Leiter des jetzt anlaufenden Forschungsprojekts am UKW. Er fährt fort: „Wir vermuten, dass ein wesentlicher Grund für diese Probleme in individuell zu hohen oder zu niedrigen Medikamentenspiegeln im Blut liegen könnte.“ Faktoren, die hier Einfluss nehmen können, sind zum Beispiel genetische Unterschiede der abbauenden Enzyme in der Leber, die parallele Gabe anderer Medikamente, die Ernährung, die unterschiedliche Fähigkeit zur Resorption im Magen-Darm-Trakt sowie der jeweilige pH-Wert im Magen.
Aufgabe: Messmethode für Medikamentenspiegel entwickeln
Um die Therapie besser steuern zu können, müssen die Behandler die Medikamentenkonzentration im Blut bestimmen – man spricht dabei von Therapeutischem Drug Monitoring. „Allerdings gibt es noch kein etabliertes Verfahren, um Kinase-Inhibitoren zuverlässig im Blut zu messen“, sagt Prof. Klinker. Ziel des Vorhabens sei es daher, für bestimmte Kinase-Inhibitoren eine Methode zu entwickeln, um die Blutspiegel dieser Medikamente mit Hilfe von Hochleistungsflüssigkeitschromatographie und Flüssigchromatographie-Tandemmassenspektrometrie zu messen.
Innovativ: Blutentnahme auch zuhause
Eine Besonderheit stellt die Probengewinnung dar. Neben der herkömmlichen Blutentnahme sollen auch Entnahmen von Kapillarblut erfolgen. Ähnlich wie bei einer Blutzuckermessung führen dies die Patienten eigenständig an einem Finger aus. „Der große Vorteil dieser Methode ist, dass die Proben zuhause – unabhängig von Arztbesuchen – deutlich engmaschiger gewonnen werden können, als bei herkömmlichen Untersuchungen, in denen in der Regel Serumproben verwendet werden“, unterstreicht Junior-Professor Dr. Oliver Wahl vom Institut für Pharmazie und Lebensmittelchemie, der das Projekt von Seiten der Würzburger Universität leitet.
Ziel: Risikogruppen für eine Über- oder Unterdosierung identifizieren
In Kooperation mit weiteren Kliniken des UKW und dem Comprehensive Cancer Center Mainfranken sollen anschließend in einer Pilotstudie die Blutspiegel der Kinase-Inhibitoren unter Therapie bei Patienten analysiert werden. Dabei bewerten die Forscher patienteneigene Faktoren wie Geschlecht, Begleitmedikation, Nieren- und Leberfunktion sowie unerwünschte Wirkungen und Therapieerfolg. Ziel ist es, Risikogruppen für eine Über- oder Unterdosierung frühzeitig zu identifizieren, um bei diesen die Behandlung zukünftig mithilfe von Therapeutischem Drug Monitoring vor Auftreten von Nebenwirkungen oder einem Therapieversagen individuell anpassen zu können.
Über die Hector Stiftungen
Die H.W. & J. Hector Stiftung zu Weinheim wurde von dem Ehepaar Josephine Hector und Dr. h.c. Hans-Werner Hector Ende 1995 gegründet. 2008 wurde als Ergänzung die Hector Stiftung II ins Leben gerufen. Als eine der größten Stiftungen Deutschlands widmen sie sich neben der Hochbegabtenförderung, sozialen und kulturellen Projekten auch der medizinischen Forschung, speziell im Bereich der Krebs- und Aidsforschung