Auf dem Hubland-Campus wurde das Institut für nachhaltige Chemie & Katalyse mit Bor eingeweiht. Zur Feier kam auch Bayerns Wissenschaftsminister Markus Blume.
Nachhaltigkeit in der Chemie: Dahinter steht unter anderem das Ziel, chemische Produktionsverfahren zu entwickeln, die möglichst wenig Rohstoffe und Energie verbrauchen. Bei denen wenig oder gar keine problematischen Nebenprodukte anfallen. Die zu Endprodukten führen, die sich im Idealfall recyceln lassen.
Das Element Bor eignet sich sehr gut, um eine nachhaltigere Chemie zu verwirklichen. Borhaltige Moleküle können bei chemischen Reaktionen als Katalysatoren eingesetzt werden – und damit Katalysatoren ersetzen, die seltene und toxische Metalle enthalten. Sie haben das Potenzial, beispielsweise bei der Produktion von Stickstoffdünger viel Energie zu sparen. Und ihre einzigartigen Eigenschaften machen sie interessant für energierelevante Prozesse, etwa für die organische Photovoltaik und moderne neue Energiespeicher.
Einweihung mit Minister Markus Blume
Der nachhaltigen Chemie und Katalyse mit Bor widmet sich an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) ein neues Institut, das am 31. März 2022 auf dem Hubland-Campus feierlich eröffnet wurde, das ICB.
Auf die Begrüßung durch JMU-Präsident Paul Pauli folgten Grußworte von Markus Blume, Bayerischer Staatsminister für Wissenschaft und Kunst; Christian Schuchardt, Oberbürgermeister der Stadt Würzburg; Professor Tobias Brixner, Dekan der Fakultät für Chemie und Pharmazie; Professor Holger Braunschweig, Leiter des ICB, und Werner Dölger vom Staatlichen Bauamt Würzburg.
Werner Dölger übergab dann Holger Braunschweig den symbolischen Schlüssel für den Neubau. Die ökumenische Segnung des ICB nahmen Helmut Gabel, Domkapitular der Diözese Würzburg, und Wenrich Slenczka, der Würzburger evangelisch-lutherische Dekan, vor.
Schwerpunkt für molekulare Bor-Chemie aufgebaut
Die Ansiedlung des ICB in Würzburg gelang, weil die Fakultät für Chemie und Pharmazie hier in den vergangenen Jahren einen Schwerpunkt für die molekulare Chemie von Bor aufgebaut hat:
JMU-Professor Holger Braunschweig ist einer der weltweit führenden Experten für das Element Bor. Er leitet seit 2002 den Lehrstuhl für Anorganische Chemie II der JMU. In seiner Forschung hat er viele grundlegende Durchbrüche erreicht und wurde dafür mehrfach mit hochrangigen Preisen ausgezeichnet.
Dazu kommen weitere renommierte Fachleute für Bor – die Nachwuchswissenschaftlerin Dr. Agnieszka Nowak-Krol, die Professoren Maik Finze, Holger Helten und Todd Marder. Gemeinsam mit weiteren Wissenschaftlern aus der Chemie und Physik möchten sie das ICB zu einem international sichtbaren und führenden Kompetenzzentrum für Bor machen. Das Institut soll das gesamte Potenzial der Bor-Chemie ausloten – etwa für Anwendungen in der Elektronik und Bildgebung, bei Batterien oder Arzneistoffen.
Kompakter Baukörper mit Spitzentechnik
Nachhaltigkeit spielt auch beim Baukörper und bei der Technik des neuen Instituts eine Rolle. Wärme bezieht das ICB aus dem Nahwärmenetz der Universität, welches an das städtische Fernwärmenetz angeschlossen ist.
Die Lüftungsanlagen zeichnen sich durch einen hohen Grad an Wärmerückgewinnung aus. Dazu kommen eine hochgedämmte Fassade und Dreifach-Isolierverglasung. Die Gebäudehülle unterschreitet die Anforderungen der Energieeinsparverordnung 2009 um 30 Prozent.
Der ICB-Neubau ist ein rechteckiger Kubus, der auf einer Grundfläche von 50 mal 17 Metern steht. Die 1.400 Quadratmeter Hauptnutzfläche verteilen sich auf vier Hauptgeschosse. Die Wissenschaft findet ihren Platz hauptsächlich in den beiden Obergeschossen. Diese weisen großzügige Laborlandschaften mit Auswertezonen auf; hier finden sich auch Geräte für Laserspektroskopie und Kernresonanz.
Mit dem direkt benachbarten Institutsgebäude für Anorganische Chemie ist der Neubau in den beiden Obergeschossen durch eine Brücke verbunden, um wichtige Geräteinfrastruktur gemeinsam nutzen zu können. Auch im Untergeschoss ist eine Verbindung vorhanden, um eine sichere und effiziente Versorgung mit Chemikalien aus dem Chemiezentrum zu gewährleisten.
Die Kosten für den Forschungsbau betrugen rund 23,7 Millionen Euro. Bund und Freistaat Bayern teilten sich die Kosten, wobei der Bund die Mehrkosten aus Baupreissteigerungen nicht mitfinanziert hat. Der Spatenstich für das ICB fand im Frühjahr 2019 statt.
Stimmen zum neuen Chemie-Institut
Minister Markus Blume: „Modernste Chemie an Bayerns ältester Universität: Im neuen Institut für nachhaltige Chemie und Katalyse mit Bor, ICB, wird Ressourceneffizienz auf ein nie gekanntes Niveau gehoben! Der Freistaat ist mit den gewaltigen Bau-Investitionen für die gesamte Würzburger Chemie selbst ein Katalysator für Spitzenforschung und Technologiefortschritt. Am Ende werden wir hier über 300 Millionen Euro verbaut haben, um agile und innovative Forschung zu ermöglichen. Das ist ein echtes Ausrufezeichen!“
Professor Holger Braunschweig, Leiter des ICB: „Wir haben hier Arbeitsbedingungen für die präparative Chemie bekommen, wie sie besser kaum irgendwo zu finden sind. In unseren Kooperationen mit der Industrie entwickeln wir zum Beispiel borhaltige blaue Leuchtstoffe für die organische Elektronik, energieschonende und borvermittelte Synthesen für pharmazeutische Wirkstoffe und neuartige borbasierte Elektrolyte für Batterien. Alle diese Kooperationen sind auf Anfragen der Industriepartner zustande gekommen. Ganz offensichtlich wird das ICB bereits wahrgenommen als eine Adresse für Expertise in der Borchemie, was mich auch ein wenig stolz macht.“
Professor Tobias Brixner, Dekan der Fakultät für Chemie und Pharmazie: „Wir freuen uns über diese Anerkennung des strategischen Forschungskonzepts der Fakultät und darüber, dass unsere Fakultät damit nach außen gut sichtbar zu zwei der sechs Forschungsprofilbereichen der Universität Würzburg beitragen darf. Unser Dank geht insbesondere an den Leiter des ICB, Holger Braunschweig, der seit zwei Jahrzehnten exzellente Forschung mit zahlreichen Auszeichnungen betreibt.“
Werner Dölger, Staatliches Bauamt Würzburg: „Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler finden im Neubau ICB ein technisch hochinstalliertes, energetisch optimiertes und zukunftsfähiges Forschungsgebäude vor, das ideale Voraussetzungen für ihre Forschungen bietet.“
JMU-Präsident Paul Pauli: „Der Forschungsneubau des ICB ist ein wichtiger Teil einer umfassenden Sanierung und Vergrößerung unseres Chemiezentrums. Zusammen mit dem benachbarten Institut für Anorganische Chemie ist hier ein zusammenhängender Forschungskomplex entstanden, der für unsere Universität und den ganzen Wissenschaftsstandort einen enormen Meilenstein bedeutet und die Zukunft der JMU mitgestalten wird.“
Oberbürgermeister Christian Schuchardt: „Mit einem sowohl funktional wie auch energetisch wegweisenden Institutsgebäude bekommt ein extrem zukunftsträchtiger Wissenschaftsbereich ein neues Zuhause in unserer Stadt. Dieses millionenschwere Förderprojekt ist bestens geeignet, ein weiteres Kompetenzzentrum mit internationaler Strahlkraft wachsen zu lassen. Ein guter Tag für Würzburg als gefragte Hochschul-Marke.“