Was passiert im Herz nach einem Infarkt oder einer Entzündung?


Heilungsprozesse des Herzmuskels sind nach wie vor noch wissenschaftliches Neuland
Nach einer Schädigung des Herzmuskels, beispielsweise durch Herzinfarkt oder Herzmuskelentzündung bedingt – laufen Reparatur- und Heilungsvorgänge im Herzmuskel an. Wie diese genau ablaufen, war bislang noch unbekannt. Forschern des Deutschen Zentrums für Herzinsuffizienz (DZHI) und der Nuklearmedizin des Universitätsklinikums Würzburg ist es jetzt gelungen, die Zellen abzubilden, die nach der Organschädigung wichtige Funktionen einnehmen. Damit kann die Prognose für die Entwicklung einer Herzschwäche, die dem Infarkt oder der Entzündung zumeist folgt, wesentlich genauer und besser durchgeführt werden. Für Herzschwächepatienten verspricht dies dann deutlich effizientere Therapieanwendungen und Verfahren.
„Die Heilungsprozesse nach einem Herzinfarkt oder einer Entzündung des Herzmuskels sind größtenteils noch nicht verstanden“, erklärt Professor Wolfgang Bauer, der am Würzburger Universitätsklinikum den Schwerpunkt Kardiale Magnetresonanztherapie und Klinische Elektrophysiologie leitet. Der Kardiologe und Physiker beschäftigt sich mit bildgebenden Verfahren in der Inneren Medizin, mit denen Krankheitsursachen und -verläufe erforscht werden. „Wir möchten herausfinden, was nach der Schädigung des Herzmuskels mit und in dem Organ passiert. Denn bislang spekulieren wir noch, dass gestörte oder überschießende Prozesse zu einer dauerhaften Verschlechterung der Herzleistung und damit zur Herzinsuffizienz führen.“
Der Grund, warum man beim Patienten so wenig über die Heilung nach Schädigung des Herzens weiß, liegt daran, dass es keine einfachen Verfahren gibt, die relevanten physiologischen Vorgänge zu erfassen. Blutwerte sind zu ungenau, Biopsien – also die Entnahme von kleinen Gewebestücken – sind für die Patienten zu belastend und es kann auch sein, dass man nicht das betroffene Areal findet oder trifft.
Den Würzburger Medizinern Dr. Reiter und Dr. Lapa aus der Forschungsgruppe um Professor Bauer ist es jedoch gelungen, die Entzündungsvorgänge im menschlichen Herzen direkt darzustellen: Ihre Verfahren und Ergebnisse publizierten sie in den international renommierten Fachmagazinen International Journal of Cardiology und dem European Heart Journal. Die Forscher nutzen nuklearmedizinische Verfahren in Kombination mit der Kernspintomographie, um die Zellen und Umbauvorgänge während der Entzündung im Herzen abzubilden. „Zunächst musste die Gruppe molekulare Spürsonden entwickeln, die die Entzündungszellen sichtbar machen. Das gelang den Forschern Dr. Li und Prof. Samnick mit einer radiochemischen Methode, bei der molekulare Strukturen auf der Oberfläche von Immunzellen markiert werden. Das Ausmaß der Gewebeschädigung im Herzen wurde mit der Kernspintomographie dargestellt. Dabei kann man z.B. das Gewebewasser, das bei einer Entzündung vermehrt ist, oder abgestorbene Zellengruppen sehen. Durch die Kombination der nuklearmedizinischen Technik mit der Kernspintomographie war es uns letztendlich möglich, erstmals bei Patienten das Ausmaß der Schädigung des Herzmuskels nach einem Infarkt darzustellen“, erklärt Prof. Bauer.
Für Herzinfarkt- und Herzschwächepatienten sind diese Detaileinblicke in den Krankheitsverlauf von immenser Bedeutung. Denn ihre Herzerkrankung kann künftig wesentlich genauer diagnostiziert und dementsprechend schneller spezifisch behandelt werden.
Hintergrund
Herzinfarkt und weitere Herz-/Kreislauferkrankungen verursachen mit 47 Prozent die meisten krankheitsbedingten Todesfälle in Europa. Wer eine Erkrankung wie den Herzinfarkt überlebt, leidet fortan an Herzschwäche. Sie ist bislang noch nicht heilbar. Das an der Universitätsklinik Würzburg und der Julius-Maximilians-Universität Würzburg integrierte Deutsche Zentrum für Herzinsuffizienz (DZHI) erforscht seit 2010 die komplexe Systemerkrankung Herzschwäche in allen ihren Facetten und entwickelt dabei neue Präventions-, Therapie-, und Versorgungskonzepte, die in der bundesweit einmaligen Herzinsuffizienz-Ambulanz direkt in der Patientenversorgung umgesetzt werden.