Seltene Erkrankungen im Fokus


Das Universitätsklinikum Würzburg nimmt einen internationalen Aktionstag am Samstag, den 28. Februar 2015, zum Anlass, über die Krankheitsbilder Seltener Erkrankungen und deren besonderen Herausforderungen zu informieren. Ein Schwerpunkt des Programms zwischen 10:00 und 14:00 Uhr ist die Präsentation des kürzlich am Klinikum gegründeten Zentrums für Seltene Erkrankungen Referenzzentrum Nordbayern.

Am Samstag, 28. Februar 2015, ist der „International Rare Disease Day“, der Internationale Tag der Seltenen Erkrankungen. Das Uniklinikum Würzburg (UKW) greift diesen Anlass zusammen mit der Medizinischen Fakultät gerne auf, um gemeinsam mit verschiedenen Selbsthilfegruppen über die Situation der Betroffenen, die Wege zu richtigen Diagnose und die Chancen einer adäquaten Behandlung zu informieren. Alle Interessierten sind von 10:00 bis etwa 14:00 Uhr in den Hörsaal des Zentrums für Operative Medizin (ZOM) an der Oberdürrbacher Straße eingeladen. Neben einem allgemeinverständlichen Vortragsprogramm erwartet sie in der Magistrale des ZOM eine Ausstellungszone mit diversen Selbsthilfegruppen. Hier besteht dann auch die Gelegenheit zum persönlichen Gespräch mit den Experten.

Maximal einer von 2.000 betroffen, vier Millionen in Deutschland
Laut Definition gilt in Europa eine Krankheit dann als selten, wenn weniger als einer von 2.000 Einwohnern davon betroffen ist. In Deutschland leben derzeit über vier Millionen Menschen mit einer Seltenen Erkrankung. Seltene Erkrankungen stellen Betroffene und Behandelnden vor besondere Herausforderungen. „Schon der Weg bis zur Diagnose ist oft langwierig und schwierig“, berichtet Prof. Helge Hebestreit, der Stellvertretende Direktor der Würzburger Universitäts-Kinderklinik. „Aber auch wenn die richtige Diagnose gestellt ist, sind Experten, die sich mit dieser Erkrankung auskennen, nicht leicht zu finden. Häufig ist eine umfassende interdisziplinäre Versorgung an einem Ort gar nicht möglich und es fehlen nicht selten wissenschaftlich belegte Behandlungskonzepte.“

ZESE bündelt Expertise
Um die Versorgung von Menschen mit Seltenen Erkrankungen in Nordbayern und darüber hinaus zu verbessern, wurde am UKW Anfang Dezember vergangenen Jahres das Zentrum für Seltene Erkrankungen (ZESE) gegründet. „Die neue Einrichtung bündelt die vorhandenen Spezialkenntnisse, um rasch zu einer Diagnose zu gelangen. Außerdem können wir mit dieser Struktur den Betroffenen eine maßgeschneiderte, aber gleichzeitig auch umfassende Versorgung auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft anbieten“, beschreibt Prof. Hebestreit, der als Sprecher des ZESE fungiert.
Konkret ist das ZESE laut Prof. Hebestreit eine zentrale Anlaufstelle für alle Patienten mit dem Verdacht auf eine Seltene Erkrankung oder einer gesicherten Diagnose. „Wir klären wie ein Lotse, wo bei definierten Diagnosen im Universitätsklinikum Würzburg eine Versorgung sinnvoll stattfinden kann. Der Patient wird dann entsprechend weitervermittelt“, beschreibt Privat-Dozent Dr. Tilmann Schweitzer, der Stellvertretende Sprecher des Zentrums. Um eine interdisziplinäre und multiprofessionelle Versorgung „aus einer Hand“ anbieten zu können, werden die am UKW und bei seinen Partnern vorhandenen Spezialkompetenzen weiterentwickelt und vernetzt. Dabei arbeitet das ZESE Nordbayern eng mit vielen Selbsthilfegruppen zusammen.

Fächerübergreifende Zusammenarbeit gefragt
Interdisziplinarität ist allein deshalb schon von essentieller Bedeutung, weil viele Seltene Erkrankungen mehrere Organe betreffen. „Beispielsweise ist bei Patienten mit Hypophosphatasie die Kooperation von Orthopäden, Rheumatologen, Kinderärzten, Endokrinologen, Genetikern, Zahnärzten, Augenärzten, Nierenexperten und pädiatrische Neurochirurgen gefragt ein Leistungsspektrum, das nur an großen klinischen Zentren der Maximalversorgung, wie dem UKW, erbracht werden kann“, schildert Gerald Brandt, 1. Vorsitzender des Vereins Hypophosphatasie Deutschland. Hypophosphatasie ist eine angeborene Erkrankung des Knochen- und Mineralstoffwechsels. Laut Gerald Brandt werden schon seit Jahrzehnten Menschen mit Seltenen Erkrankungen am Würzburger Universitätsklinikum betreut, wobei enorme Kompetenzen entwickelt wurden. „Einige der hiesigen Medizinerinnen und Mediziner zählen auf ihren Gebieten zur Weltspitze“, betont Brandt.

Auch für Patienten mit unklarer Diagnose
Sollte für eine bestimmte der insgesamt bis zu 8.000 bekannten Seltenen Erkrankungen nur an einem anderen deutschen Zentrum eine spezialisierte Betreuung möglich sein, vermittelt das ZESE Würzburg den entsprechenden Kontakt. „Auch Patienten mit einer unklaren Diagnose können sich jederzeit an das ZESE als zentrale Anlaufstelle wenden“, unterstreicht Prof. Hebestreit. Nach Sichtung der Unterlagen durch mehrere Experten unterschiedlicher Fachbereiche bietet das ZESE eine Vorstellung in einer Ambulanz für unklare Diagnosen an.

Forschen, ausbilden, informieren
Das Würzburger Zentrum für Seltene Erkrankungen unterstützt ferner die wissenschaftlichen Aktivitäten zur Klärung der Ursachen Seltener Erkrankungen. „Außerdem wird es in Zukunft Forschungsprojekte geben, die sich mit der Verbesserung der Versorgung von Betroffenen und deren Familien beschäftigen“, kündigt Dr. Schweitzer an.
Das Zentrum für Seltene Erkrankungen fördert zudem die studentische Ausbildung sowie die Fort- und Weiterbildung von Ärzten. Auch für Betroffene und ihre Angehörigen sowie therapeutisch Tätige unterschiedlicher Gesundheitsberufe werden krankheitsspezifische Fortbildungen angeboten. Details hierzu finden sich unter www.zese.ukw.de, Rubik „Veranstaltungskalender“. Hier kann auch das detaillierte Programm des Aktionstags am 28. Februar 2015 abgerufen werden.