Prof. Georg Ertl ist der neue Ärztliche Direktor des Uniklinikums Würzburg


Mit dem Jahresbeginn 2016 übernimmt Prof. Georg Ertl das Amt des Ärztlichen Direktors des Uniklinikums Würzburg. Der Kardiologe tritt damit die Nachfolge von Prof. Christoph Reiners an, der nach 15 Jahren im Vorstand des Klinikums in den Ruhestand geht.

Das Jahr 2016 beginnt für Prof. Georg Ertl mit einer doppelten Führungsaufgabe am Uniklinikum Würzburg (UKW): Zum einen startet er als neuer Ärztlicher Direktor des gesamten Klinikums, zum anderen verbleibt ihm bis auf weiteres der Posten als Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik I. Allerdings will sich der Würzburger Herzspezialist den Herausforderungen des Vorstandsvorsitzenden in den kommenden fünf Jahren möglichst bald hauptamtlich widmen. „Ich freue mich über die Gelegenheit, meiner Arbeit am Uniklinikum Würzburg nochmals eine neue Richtung zu geben und als Teil des Klinikumsvorstands dessen Geschicke mitzugestalten“, kommentiert Prof. Ertl.

Über drei Jahrzehnte mit dem Würzburger Uniklinikum verbunden
Hierfür kann er sich auf langjährige und facettenreiche „Orts- und Sachkenntnisse“ stützen. So war der heute 65-Jährige über 30 Jahre seines bisherigen Berufslebens am UKW beschäftigt: Im Jahr 1981 startet er hier als Wissenschaftlicher Assistent unter Prof. Kurt Kochsiek. Der damalige Direktor der Medizinischen Klinik I und spätere Ärztliche Direktor des UKW war für Georg Ertl zunächst Mentor und Vorbild, später auch enger Berater und Freund.
Nach weiteren Karriereschritten in Würzburg sowie einem vierjährigen Intermezzo als Lehrstuhlinhaber und Klinikdirektor am Klinikum Mannheim leitet der gebürtige Pfälzer seit 1999 die Medizinische Klinik und Poliklinik I des UKW und hat einen Lehrstuhl für Innere Medizin an der Uni Würzburg inne.

International anerkannter Experte für Herzinsuffizienz
Weit über die Grenzen Deutschlands hinaus gilt Prof. Ertl als Experte für Herzinsuffizienz sowie für moderne Bildgebungsverfahren des Herzens. Die fortgesetzte Beteiligung an hochkarätigen internationalen Studien belegt immer wieder aufs Neue die Qualität der in seinem Fachgebiet in Würzburg geleisteten Forschungsarbeit. Die Anerkennung seiner persönlichen Leistungen schlug sich nicht nur in zahlreichen Preisen, sondern auch in diversen Funktionen in wissenschaftlichen Gremien nieder. Unter diesen empfindet Prof. Ertl die Mitgliedschaft in der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina als besondere Auszeichnung, genauso, wie die Tätigkeit als Sprecher des Fachkollegiums Medizin der Deutschen Forschungsgesellschaft von 2008 bis 2012.

Deutsches Zentrum für Herzinsuffizienz nach Würzburg geholt
Einer seiner wichtigsten Erfolge für den Medizin- und Wissenschaftsstandort Würzburg in den letzten Jahren ist die Etablierung des Deutschen Zentrums für Herzinsuffizienz (DZHI). „Meine Hauptleistung bestand damals darin, zu erkennen, dass diese Fördermaßnahme des Bundesforschungsministeriums für ein solches Zentrum in Würzburg wie geschaffen waren“, erinnert sich Prof. Ertl. Dementsprechend war dann auch die von ihm vorangetriebene Bewerbung um die Fördergelder von Erfolg gekrönt: Im Jahr 2011 konnte das DZHI als gemeinsame Einrichtung der Würzburger Universität und des UKW eröffnet werden.

Blick auf die Partnerinteressen zielführend
In diesem integrierten Forschungs- und Behandlungszentrum arbeiten Kardiologen zusammen mit Psychologen, Psychiatern, Endokrinologen, Genetikern, Chemikern und Physikern – laut DZHI-Sprecher Ertl eine weltweit einzigartige Konstellation. Beim Zusammenführen der vielen verschiedenen Fächer unter einem Dach half Prof. Ertl eines seiner Grundprinzipien: „Für gelingende Partnerschaften ist es wichtig, auch mal die eigenen Interessen zurückzunehmen und zu versuchen, die möglichen Vorteile des anderen herauszuarbeiten.“ Eine Sichtweise, die er auch in seiner Funktion als Ärztlicher Direktor pflegen will.
Übrigens ist die Arbeit im Führungsgremium des UKW für Prof. Ertl bei weitem kein Neuland. Schließlich war er von 2004 bis 2006 Dekan der Medizinischen Fakultät der Uni Würzburg – und als solcher satzungsgemäß Mitglied des Klinikumsvorstands.

Kollegiale Zusammenarbeit als Erfolgsrezept des UKW
Der Kardiologe tritt zum 1. Januar 2016 die Nachfolge von Prof. Christoph Reiners an, der nach 15 Jahren als Ärztlicher Direktor des Uniklinikums Würzburg in den Ruhestand geht. Bei dessen feierlicher Verabschiedung Mitte Dezember 2015 dankte Prof. Ertl seinem Vorgänger speziell für dessen umfassenden Bemühungen um gute Kommunikation – klinikumsintern, wie auch nach außen. „Ich werde versuchen, diesen vorbildlichen Führungsstil des ‚offenen Ohrs‘ in ähnlicher Weise fortzusetzen“, kündigt Prof. Ertl an. Schließlich gehöre die kollegiale Zusammenarbeit über alle Berufsgruppen hinweg für ihn essentiell zum Erfolgsrezept des UKW.

Netzwerke für noch bessere Patientenversorgung
Wie das Gesundheitswesen in Deutschland insgesamt, so steht auch das Würzburger Uniklinikum laut dem neuen Ärztlichen Direktor vor der Herausforderung, immer ältere Patienten mit immer mehr Zusatzerkrankungen behandeln zu müssen. „Beispielsweise sind unsere Patienten mit Herzinsuffizienz derzeit im Mittel 75 Jahre alt und haben durchschnittlich fünf Komorbiditäten“, verdeutlicht Prof. Ertl. Um unter diesen Bedingungen eine möglichst gute Versorgung zu gewährleisten, gelte es, mit innovativen Netzwerken die sektorale, untereinander oft konkurrierende Struktur des deutschen Gesundheitswesens zu überwinden. „Aus entsprechenden Studien mit Herzschwäche-Patienten wissen wir, dass mit der Behandlung in Netzwerken, welche die Krankenhäuser, die niedergelassenen Ärzte und zum Beispiel auch die Seniorenheime der Region einbinden, exzellente Ergebnisse für die Kranken zu erzielen sind“, berichtet Ertl. Es gäbe am UKW bereits einige Ideen, dieses Modell auf andere Bereiche zu übertragen.

Kooperationen mit Kliniken der Region weiter ausbauen
Generell plant der Ärztliche Direktor, den schon seit einigen Jahren am UKW gepflegten Kurs der verstärkten Kooperation mit den umliegenden Kliniken fortzusetzen und auszubauen. „Bei aller Konkurrenz gibt es Aufgaben, die wir nur gemeinsam meistern können, wie die überlaufenen Notaufnahmen, die Organisation der Patientenversorgung bei Influenzaepidemien, die Versorgung von Flüchtlingen oder auch die komplementäre Profilbildung in unserer Gesundheitsregion“, unterstreicht Prof. Ertl. Einen auch zukünftig wachsenden Versorgungs- und Forschungsauftrag speziell für die Uniklinika in Deutschland sieht er in den diagnostisch aufwändigen, komplexen und seltenen Erkrankungen.

Informatik bleibt wichtige Hilfswissenschaft
Bei den derzeit stark propagierten EDV-technischen Möglichkeiten, nimmt das Würzburger Uniklinikum durch langjährige, sehr systematische Entwicklungs- und Aufbauarbeit eine Sonderstellung ein. Am Beispiel der Telemedizin, rät der neue Klinikumsdirektor allerdings zu einer differenzierten Sichtweise: „Die Informatik ist aus der Medizin heute nicht mehr wegzudenken, kann aber die menschliche Zuwendung nicht ersetzen. Entgegen anderer Tendenzen müssen die Mediziner als diejenigen, die die Patienten noch persönlich kennen, die Führungsrolle in deren Behandlung behalten, während der Informatik die Position einer wichtigen Hilfswissenschaft bleibt.“

Zu klinischer Forschung ermutigen
Was die ärztliche Ausbildung angeht, so muss der Nachwuchs laut Prof. Ertl wieder stärker für akademische Medizin, Forschung und Lehre begeistert werden. Er bedauert: „Es ist derzeit nicht mehr so leicht, junge Menschen zu finden, die bereit sind, zusätzlich zu ihrer Facharztausbildung Wissenschaft zu betreiben, da dies die Ausbildungszeit verlängern kann.“ Nach seiner Beobachtung wird klinische Forschung derzeit noch viel zu oft ausschließlich als Laborforschung verstanden. Tatsächlich gebe es für viele Bereiche wesentlich sinnvollere Alternativen, zum Beispiel in der Entwicklung chirurgischer Methoden oder in der klinischen Epidemiologie. Generell gelte: Für eine akademische Karriere sind Kreativität und Spontaneität gefragt – und nicht die Haltung, beim Staatsexamen schon wissen zu wollen, wann und wo man in Rente geht.

Mitarbeitergerechte Arbeitsmodelle weiterentwickeln
„Vor dem Hintergrund von Familien- und Karriereplanung, Geschlechtergerechtigkeit, Work-Life-Balance, aber auch der international üblichen Forschungsqualität, ist klar, dass Wissenschaft heute für Mediziner keine Freizeitbeschäftigung mehr sein kann“, sagt Prof. Ertl und fährt fort: „Deshalb müssen wir uns im Rahmen unserer Möglichkeiten noch stärker bemühen, Arbeitsmodelle zu entwickeln, die es Frauen wie Männern ermöglichen, ihre berechtigten Wünsche unter einen Hut zu bekommen.“