Neues Translationszentrum für regenerative Therapien in Würzburg


Mit 10 Millionen Euro für die Projektförderung finanziert Bayern die Gründung eines Fraunhofer-Translationszentrums »Regenerative Therapien für Krebs- und Muskuloskelettale Erkrankungen« in Würzburg. Es soll Ergebnisse aus Materialforschung und regenerativer Medizin schneller in die klinische Anwendung am Menschen bringen. Am 24. November 2014 überreicht Staatssekretär Franz-Josef Pschierer vom Bayerischen Staatsministerium im Fraunhofer-Haus in München den Zuwendungsbescheid.

Mit biologisierten Materialien und zellbasierten Wirkstoffen bietet die regenerative Medizin neue, vielversprechende Therapieformen und Anwendungsbereiche für die Medizintechnik. Damit diese neuen Therapien möglichst schnell aus dem Labor in die Klinik gelangen, unterstützt das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie die Gründung eines Translationszentrums »Regenerative Therapien für Krebs- und Muskuloskelettale Erkrankungen«.

»Das Translationszentrum wird als Institutsteil des Fraunhofer-Instituts für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB in Würzburg in enger Kooperation mit der Medizinischen Fakultät der Universität und dem Universitätsklinikum eingerichtet«, freut sich Institutsleiter Prof. Dr. Thomas Hirth.

»Wir wollen die Innovationsführerschaft Bayerns sichern und weiter ausbauen. Mit der Entwicklung neuer Implantate, Verfahren, Applikatoren und Implantate bis zum Prototyp eröffnet das Translationszentrum der bayerischen und deutschen Medizintechnik-Industrie neue Marktchancen«, erläutert Bayerns Technologiestaatssekretär Franz Josef Pschierer. Seit Juli 2014 fördert Bayern das Zentrum daher mit insgesamt 10 Millionen Euro für Projekte über eine Laufzeit von fünf Jahren.

Leiterin des Translationszentrums ist Professor Dr. Heike Walles, die 2009 die Würzburger Projektgruppe »Regenerative Technologien für die Onkologie« des Fraunhofer-Instituts für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB übernahm und den Lehrstuhl für Tissue Engineering und Regenerative Medizin (TERM) an der Medizinischen Fakultät der Universität Würzburg innehat.

»Zellbasierte, regenerative Therapien können zu einem wesentlichen Bestandteil der medizinischen Versorgung werden«, ist sich Heike Walles sicher. Diese Therapien besitzen einen großen Vorteil: Sie basieren auf menschlichen Zellen, die im Idealfall von dem zu behandelnden Patienten stammen. Sie können so, ohne dass es zu Abstoßungsreaktionen kommt, beschädigte Zellen oder verletztes Gewebe ersetzen und damit direkt an der Ursache der Erkrankung ansetzen. »Viele Krankheiten können so effektiver geheilt werden als mit bisherigen Therapien«, sagt Walles.

Um den Transfer in die klinische Entwicklung und die medizinische Versorgung zu beschleunigen, muss nach Walles‘ Ansicht die Zusammenarbeit von Naturwissenschaftlern, Biotechnologen, Materialforschern und Medizinern in Präklinik und Klinik gebündelt werden. Hierfür ist die Würzburger Universitätsmedizin bestens aufgestellt, da das neue Translationszentrum auf eine Reihe bereits etablierter Strukturen und Einrichtungen der Medizinischen Fakultät, des Universitätsklinikums Würzburg und der Universität Würzburg zurückgreifen und auch die Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer ISC am Standort Würzburg ausbauen kann. Weitere zentrale Kooperationspartner, die das Translationszentrum in Würzburg mit aufbauen werden, sind das Muskuloskelettale Centrum Würzburg (MCW), der Lehrstuhl für Funktionswerkstoffe der Medizin und der Zahnheilkunde (fzm), das Comprehensive Cancer Center Mainfranken (CCCMF) sowie das Deutsche Zentrum für Herzinsuffizienz (DZHI).

Die Fraunhofer-Projektgruppe Onkologie, die im Februar 2014 positiv evaluiert und anschließend auf Empfehlung des Vorstandes durch den Ausschuss der Fraunhofer-Gesellschaft in die Bund-Länder-Finanzierung der Fraunhofer-Gesellschaft übernommen wurde, stellt die Basis des neuen Translationszentrums dar und wird nun darin aufgehen. »Mit Modellen verschiedener Tumorgewebe, die über Blutgefäße versorgt werden, und den für deren Kultivierung erforderlichen Bioreaktoren liefert sie, ebenso wie die vaskularisierten Gewebeäquivalente meines Lehrstuhls, komplexe Modelle aus menschlichen Zellen«, so Walles. Diese können als Testsysteme für die präklinische Untersuchung der Wirksamkeit und Unbedenklichkeit neuer Wirkstoffe und medizintechnischer Materialien eingesetzt werden.

In der regenerativen Medizin spielen Materialien mit maßgeschneiderten Eigenschaften eine wichtige Rolle, beispielsweise als biofunktionalisierte Oberfläche eines Stents oder als wirkstofffreisetzendes Depot eines Implantats. Neue Trägermaterialien für das Tissue Engineering und biofunktionalisierte Partikel für Diagnostik und Therapie werden gemeinsam mit Materialforschern entwickelt, unter anderem vom Würzburger Fraunhofer-Institut für Silicatforschung ISC.

Partner für die klinischen Studien ist das Universitätsklinikum Würzburg, das sowohl die Expertise für die Planung und Organisation als auch die notwendige Infrastruktur bereithält. Für die Zulassung müssen neue zellbasierte Wirkstoffe und Medizinprodukte in Studien an ausgewählten Patienten zeigen, ob und wie sie wirken und dass sie keine unerwarteten Nebenwirkungen verursachen.

Ein Schwerpunkt des Translationszentrums sind Krebserkrankungen und neue onkologische Therapien, deren Grundlagen Walles bereits in der Projektgruppe gelegt hat. Als integratives Krebsbehandlungs- und Krebsforschungszentrum mit den Ziel, Patienten mit Tumorerkrankungen optimal nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft zu behandeln, ist das als onkologisches Spitzenzentrum von der Deutschen Krebshilfe geförderte CCC Mainfranken involviert.

Einen zweiten Fokus bilden Erkrankungen des Bewegungsapparates, die in Deutschland bereits 16 Prozent der gesamten Gesundheitskosten verursachen. Zu ihnen gehören Volkskrankheiten wie Arthrose und Osteoporose, entzündliche rheumatische Erkrankungen, aber auch Tumore der Bewegungsorgane sowie Komplikationen bei künstlichem Gelenkersatz. Für ihre Behandlung bieten sich zellbasierte regenerative Therapien und neuartige Medizinprodukte an. »Im Muskuloskelettalen Centrum Würzburg liegen bereits vielfältige Erfahrungen mit den zulassenden Behörden vor. Damit lassen sich innerhalb kurzer Zeit Richtlinien und Standards für neue Therapien erarbeiten«, begründet Heike Walles das MCW als strategisch wichtigem Partner am Standort Würzburg.

»Mein Ziel ist es, dass das Translationszentrum die komplette Wertschöpfungskette regenerativer Therapien abdeckt – von der Produktentwicklung neuer zellbasierter Transplantate und biologisierter Medizinprodukte über die Präklinik bis zur Zulassung«, so die Leiterin des neuen Zentrums.