Jahresschlusssitzung des Stadtrates 2015


Würzburg hat das Jahr 2015 zu einem besonderen Jahr gemacht. Menschlichkeit und Respekt werden hier gelebt und man hilft einander. Diese Erfahrung macht mich stolz und dankbar“, mit diesen Worte begann Oberbürgermeister Christian Schuchardt die Jahresschlussrede in der letzten Sitzung des Würzburger Stadtrats in 2015. Vieles sei in diesem Jahr auf den Weg gebracht worden, doch – und hier zitierte er Goethe: „Toleranz sollte nur eine vorübergehende Gesinnung sein: Sie muss zur Anerkennung führen. Dulden heißt beleidigen.“
Schuchardt stellte seine gesamte Rede unter die Fragestellung: „Wohin entwickelt sich Würzburg?“ Kultur, die Entwicklung am Hubland, Wirtschaft und Sport seien einige Themenfelder, in denen in diesem Jahr vieles auf den Weg gebracht wurde. Die geplante Sanierung des Mainfranken Theaters bezeichnete er als „Kraftakt“, der unsere Finanzen noch lange Zeit beeinflussen werde. Aber mit dem Ziel ein modernes Ambiente und eine Offenheit zu schaffen, die es so noch nicht gab. „Mit den thematischen Inhalten des Theaterprogramms wird es die Position Würzburgs in der bayerischen und deutschen Kulturszene festigen.“
Der Blick in die Zukunft sei es auch, der Würzburg am Hauptbahnhof und am Hubland antreibe. Mit wegweisenden Beschlüssen habe der Stadtrat die Weichen gestellt. Als besonders gutes Beispiel für gelungene Veränderung stellte Schuchardt das Beispiel Eichhorn- und Spiegelstraße heraus: „Man hat in der eng bebauten Innenstadt ein seltenes Erlebnis: Weite und Stadtqualität.“
Würzburg nutzt Chancen“, sagte er und zielte damit auch auf Wirtschaftsförderung. Von Gründern bis zu größeren Unternehmen: „Die Stadt Würzburg ist Partner und steht als Dienstleister immer auch beratend zur Verfügung. Ohne größere Unternehmen gibt es keine Steuereinnahmen, keine Arbeitsplätze und kein Leben in der Stadt.“ Um die Strahl- und Anziehungskraft Würzburgs für Unternehmer beizubehalten, müsse die Stadt weiterhin sehr hart arbeiten und sich immer wieder veränderten Herausforderungen anpassen. Bekannt geworden sei Würzburg in diesem Jahr auch mit sportlichen Leistungen, im Basket- und Fußball. „Als Stadt sind wir daran interessiert, die richtigen Rahmenbedingungen zu setzen, wie dies unsere Kräfte zulassen“, so Schuchardt. Er fasste zusammen: „Wirtschaftlicher Erfolg, auch mit sehr guten Arbeitslosenzahlen, Sport, der begeistert, Menschen, die helfen, Politik, die sich reinhängt und auch keine Angst davor hat, den Bürger zu fragen was er will, der Wein und die freundlichen Menschen: Hier leben zu dürfen, ist ein Privileg.“

Gute Jahresbilanz
Regierungspräsident Dr. Paul Beinhofer stellte das Thema Asyl in den Mittelpunkt seiner Rede im Würzburger Ratssaal. „Bayern war von dieser Flüchtlingswelle besonders betroffen“, so Beinhofer. Sei es zuerst darum gegangen, die Ankommenden mit dem Nötigsten zu versorgen, musste in einem zweiten Schritt für alle ein Dach über dem Kopf gefunden werden: „Nur gemeinsam ist uns das immer wieder auf das Neue gelungen. Staat, Kommunen, Hilfsorganisationen und freiwillige Helfer haben hier vorbildlich zusammengearbeitet, auch wenn es für alle nicht immer leicht war, die erforderlichen Rahmenbedingungen rechtzeitig zu schaffen“, bedankte sich Beinhofer und stellte fest, dass die ehrenamtliche Unterstützung bei der Betreuung der neuankommenden Menschen einen unschätzbaren gesamtgesellschaftlichen Beitrag darstelle. „Die Weltoffenheit der Würzburger Gesellschaft kam hiermit erneut mehr als deutlich zum Ausdruck“, würdigte Beinhofer das Engagement der Würzburgerinnen und Würzburger.
Beinhofer verwies dabei auch auf das Programm der bayerischen Staatsregierung, mit dessen Hilfe neben Wohnraum und Bildungsangeboten unter anderem Sprachförderung geschaffen sowie ein Mehr an Bildungsangeboten und auch die frühzeitige Vermittlung unserer Rechts- und Werteordnung stattfinden soll.
Beachtenswert seien auch die Erfolge und der Ausbau der Würzburger Universität, der in den vergangenen Monaten große Fortschritte mache. Und die Landesgartenschau 2018 auf dem 135 Hektar großen Konversionsgelände am Hubland, sei ein Meilenstein für Würzburg. Insgesamt könne man eine für die Region Unterfranken gute Jahresbilanz auf sich wirken lassen.

Behr-Medaille im Rahmen der Sitzung verliehen
Schuchardt nutzte den feierlichen Rahmen der letzten Stadtratssitzung in diesem Jahr auch für eine seltene Ehrung. Die Behr-Medaille verleiht die Stadt Würzburg an Persönlichkeiten, die sich in der bürgerschaftlichen Mitarbeit oder für die Demokratie in der Stadt besonders eingesetzt haben. Kriemhilde Malinowski aus Würzburg engagiert sich seit Jahrzehnten für die Erinnerung an den nationalsozialistischen Völkermord an Sinti und Roma. Sie gehört zu den wenigen Überlebenden der industriell durchgeführten Vernichtung. Viele ihrer Angehörigen starben in Auschwitz-Birkenau. Persönliche Berichte und Dokumente aus den Jahren 1943 bis1945, die sie im Sammellager Stettin-Kuhdamm unter menschenunwürdigen Bedingungen als Zwangsarbeiterin verbrachte, gab Malinowski an das Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma in Heidelberg weiter. 2003 erschien ihre Biografie „Das Schweigen wird gebrochen – Erinnerungen einer Sintezza an den Nationalsozialismus“. Laut Schuchardt setzte sich Malinowski immer wieder mit bewundernswertem Mut und ohne Hass- oder Rachegefühle mit der persönlichen Verfolgungsgeschichte auseinander und gewährte sehr persönliche Einblicke. Gerade jungen Menschen und folgenden Generationen versuchte sie so, das Unfassbare zu vermitteln. Ihr Einsatz ermöglichte zahlreiche Ausstellungen, Zeitzeugengespräche oder eindringliche Gedenkveranstaltungen in der KZ-Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau. Für dieses Engagement wurde die 85-Jährige bereits mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet, als Behr-Medaillenträgerin reiht sie sich nun beispielsweise unter Heiner Reitberger, Hermann Kupsch oder dem Aktionskomitee „Würzburger Stolpersteine“ ein. Die Ehrung erinnert an den Würzburger Staatsrechtslehrer und Bürgermeister Dr. Wilhelm Joseph Behr (1775 – 1851), mit dem auch die neugestaltete Galerie im Rathaus beginnt.

Landtagspräsidentin Barbara Stamm, der ehemalige Bundespostminister Dr. Wolfgang Bötsch, Landtagsabgeordnete Kerstin Celina, Regierungspräsident Dr. Paul Beinhofer, Landrat Eberhard Nuß, die Ehrenbürger Würzburgs Margret und Robert Krick, Peter C. Ruppert waren der Einladung von Oberbürgermeister Christian Schuchardt zur letzten Sitzung des Stadtrates in diesem Jahr gefolgt, ebenso zahlreiche Bürgerinnen und Bürger. Musikalisch gerahmt wurde die Sitzung von „Sotto Voce“, dem Chor des schwulesbischen WuF-Zentrums Würzburg.