Europatag fusionierte mit Zukunftsfest:


Würzburg ist noch immer stolz auf eine 50 Jahre alte Urkunde
An diesem Tag ging der Blick in Würzburg weit zurück und weit nach vorne. Zwei Feste fielen nicht zufällig gemeinsam auf den 13. Mai, den Europatag. Die Stadt Würzburg und die Bayerische Staatskanzlei verknüpften in einem besonderen Jahr die Feierlichkeiten im Zeichen der 12 goldenen Sterne auf blauem Grund mit dem Zukunftsfest des Umwelt- und Klimareferats und hatten so doppelt Grund zu feiern. 1973 – vor 50 Jahren – wurde Würzburg eine besondere Ehre zu Teil, als der parlamentarische Ausschuss der Europaversammlung für Raumordnung und Kommunalfragen der Stadt den Europapreis verlieh. Als damals erst 25.
Stadt im noch vom „Eisernen Vorhang“ geteilten Europa, wurde man in einen besonderen „internationalen Club“ aufgenommen. Unter anderem Coventry, Wien, Den Haag, Istanbul, Strasbourg, Karlsruhe oder Udine gehörten diesem weltoffenen Städtebund schon an. Gewürdigt wurden damals die vorbildlichen, bilateralen Beziehungen zu Caen (Frankreich) und Dundee (Schottland): „Würzburg veranstaltet mit diesen Städten Kongresse, Zusammenkünfte, Fahrten und kulturelle Begegnungen. Die Stadt hat internationale Ferienlager sowie Stipendien für den Schüleraustausch eingeführt. Zahlreiche in Würzburg veranstaltete Konferenzen und schulische Wettbewerbe standen im Zeichen der Idee Europas“, ist der damaligen Pressemitteilung des „Conseil de l’Europe“ zu entnehmen.

Altbürgermeister Dr. Adolf Bauer schilderte in seiner Rede am Unteren Markt wie die europäische Idee bis in die Gegenwart hinein mit Leben gefüllt wurde und wird: „Aktuell pflegt Würzburg 15 internationale
Partner- und Freundschaftsstädte, von denen sich zehn in Europa befinden. Ende Februar dieses Jahres wurde nun auch offiziell die Städtepartnerschaft mit LVIV in der Ukraine besiegelt. Hinzu kommen freundschaftliche Kontakte mit der Kommune Lutsk.“

Beim großen Reigen auf dem Markt und im Rathausinnenhof mit zwei Bühnenprogrammen durften entsprechend auch Gäste aus den Partnerstädten nicht fehlen. Caen war mit einem Stand vertreten, aus dem tschechischen Trutnov war ein Orchester angereist und der Verein Mrija warb für Unterstützung der Ukraine.

Das Programm setzte neben dem kulturellen Austausch den Fokus auf Themen der Nachhaltigkeit. „Der heutige Aktionstag zeigt mit pfiffigen Ideen auf, was jede und jeder Einzelne von uns im Alltag für Umwelt, Klima und Tierwohl tun kann. Und das nicht mit oberlehrerhaftem Ernst – vielmehr besticht das Zukunftsfest durch seinen fröhlichen und optimistischen Grundton. Und genau diesen anpackenden Optimismus brauchen wir, um die großen Herausforderungen unserer Zeit zu meistern!“, so Dr. Bauer. An diesem Tag startete auch das das dreiwöchige Stadtradeln. Nun winken für umweltfreundliche Radkilometer in großer Zahl wieder attraktive Belohnungen.

Beim Event-Doppelpack konnte sich die Stadt Würzburg über viel Unterstützung aus München freuen. Die Bayerische Staatskanzlei und insgesamt 40 Institutionen informierten an diesem Tag an Ständen zu den Themen Europa, internationale Zusammenarbeit, Natur- und Klimaschutz, Nachhaltigkeit, umweltverträgliche Mobilität, nachhaltige Landwirtschaft und Ernährung, Fairer Handel, Müllvermeidung und Ressourcenschonung.
Wichtige Partner waren neben der Staatskanzlei beispielsweise auch die Union Bayern-Bretagne, die Deutsch-Französische Gesellschaft, Pulse of Europe, der Ausländer- und Integrationsbeirat, das Umwelt- und Klimareferat, die Würzburger Gästeführer oder die Hochschule für Musik.

Die Delegation aus München wurde angeführt von der Bayerischen Staatsministerin für Europangelegenheiten und Internationales, Melanie Huml. Sie enthüllte am Nachmittag die Urkunde aus dem Jahr 1973, die nun dauerhaft im Erdgeschoss des Rathauses ausgestellt wird. Am Abend bestritt die Ministerin zusammen mit Dr. Renke Deckarm, Vertreter der Europäischen Kommission in Deutschland, Kevin Heymel, Kreisvorsitzender Europa-Union Bayern und Moderator Prof. Markus Dormann im Wenzelsaal den Bürgerdialog zu Brüssel, Élysée-Vertrag & Co. Hier konnten auch ausgewiesene Europaspezialisten ihre Fragen loswerden oder in die Diskussion einsteigen. Die Themenpalette war bei diesem Format ausgesprochen groß: Warum gibt es noch immer keine attraktive Bahnverbindung nach Prag oder in viele andere Teile Europas, aber Autobahnen? Ist das Einstimmigkeitsprinzip in der EU Fluch oder Segen?
Quo vadis Europa in der Flüchtlingspolitik? Müsste man nicht die Sozialsysteme innerhalb Europas anpassen, um den sozialen Frieden zu erhöhen? Warum ist Deutschland nicht Vorreiter innerhalb Europas in Sachen Klimaschutz? Viele Fragen waren zwar kritisch formuliert, zeigten aber letztlich auch die Erwartungshaltung gegenüber Europa und seinen Institutionen.

An einer Stelle machte Ministerin Huml mit einer Anekdote deutlich, dass sich Europa diese heutige hohe Erwartungshaltung durch eine langjährige Erfolgsgeschichte erst erarbeitet habe. Sie erzählte von ihrem Sohn, der in einer alten Sporttasche kürzlich noch DM-Münzen gefunden hatte und seine Mutter dann fragte: „In welchem Land bezahlt man denn damit?“ Die jüngste Generation kennt die weniger ambitionierten Vorstufen des heutigen Europas gar nicht mehr. Der heutige Tag habe laut Huml auch den Zweck, die Bürger – bei allen Herausforderungen und zähem Tagesgeschäft – für Europa zu begeistern oder wieder zu begeistern.

Tagsüber unterbreiteten die Veranstalter von daher mit vielen Gewinnspielen, kulinarischen Höhepunkten, Musik oder Gästeführungen auch niederschwellige Angebote, um ganz spontane Innenstadt-Besucher einen Tag lang – oder hoffentlich noch nachhaltiger – Europa näherzubringen.
Apropos nachhaltig: Das Büro Würzburg International der Stadt Würzburg feiert das runde Jubiläum „50 Jahre Europastadt“ nicht nur an einem Tag, sondern mit einem ganzen Veranstaltungsreigen. Unter www.wuerzburg.de/international gibt es Hinweise zu den noch anstehenden Stadtführungen, Vorträgen oder Konzerten oder auch der Großveranstaltung „Frühling International“ am Folgetag, bei der die „Europastadt“ sozusagen zur „Weltstadt“ wird und sämtliche internationale Vernetzungen zelebriert.

Europastadt seit 1973: Dr. Renke Deckarm, Europaministerin Melanie Huml, Altbürgermeister Dr. Adolf Bauer und Kevin Heymel von der Europa-Union Bayern vor der Europapreis-Urkunde, die nun im Erdgeschoss des Rathauses ausgestellt ist. Foto. Georg Wagenbrenner