Enkeltrickbetrüger und Schockanrufer immer wieder aktiv


UNTERFRANKEN. Der sogenannte Enkeltrick ist eine besonders hinterhältige Form des Betrugs, der für Opfer oft existenzielle Folgen haben kann. Sie können dadurch hohe Geldbeträge verlieren oder sogar um ihre Lebensersparnisse gebracht werden. Dieses und das artverwandte Phänomen der „Schockanrufe“ beschäftigt auch die Unterfränkische Polizei bereits seit einigen Jahren. Seit Anfang 2015 registrieren die Ermittler mit insgesamt rund 250 Fällen wieder ein gehäuftes Agieren der dreisten Betrüger, wobei der Schwerpunkt (230 Fälle) beim „Enkeltrick“ liegt. Insgesamt wurden die Opfer dabei um mehr als 200.000 Euro gebracht.

„Rate mal, wer hier spricht?“
Mit den Worten „Rate mal, wer hier spricht“ oder ähnlichen Formulierungen rufen Betrüger meist ältere und allein lebende Personen an, geben sich als Verwandte, Enkel oder auch gute Bekannte aus und bitten kurzfristig um Bargeld. Als Grund wird ein finanzieller Engpass oder eine Notlage vorgetäuscht, beispielsweise ein sofort anstehender Immobilien- oder ein Autokauf. Die Lage wird immer äußerst dringlich dargestellt, z.B. schildern die Täter soeben beim Notar zu sitzen. Oft werden die Betroffenen durch wiederholte Anrufe auch unter Druck gesetzt. Sobald das Opfer zahlen will, wird dann ein Bote angekündigt, der das Geld abholt. Hat der Betroffene die geforderte Summe nicht parat, wird er gebeten, unverzüglich zur Bank zu gehen und dort den Betrag abzuheben. Nicht selten ruft der Täter sogar ein Taxi, wenn das Opfer den Weg nicht mehr zu Fuß bewältigen kann.

Schockanrufe
Die Variante der sogenannten Schockanrufe wenden Betrüger vor allem bei älteren Menschen aus den ehemaligen Sowjetstaaten an. Sie melden sich, sehr häufig in russischer Sprache, per Telefon bei ihren Opfern und behaupten, dass ein Enkel oder ein anderer naher Verwandter in einen Verkehrsunfall oder in ein Strafverfahren verwickelt sei und sich deshalb in polizeilichem Gewahrsam befinde. Die Betrüger erklären, dass gegen eine Zahlung von der Strafverfolgung abgesehen und der Verwandte aus der Haft entlassen wird. Das Geld werde eine Person in ziviler Kleidung im Auftrag des Gerichts oder einer Behörde kurzfristig abholen.

Einzelfälle mit hoher Beute – zumeist Versuche
In den allermeisten Fällen (96 Prozent in 2015) scheiterten die Täter mit ihrem Vorhaben. Entweder erkannten die angerufenen Seniorinnen und Senioren sofort, dass es sich nicht um den Enkel, Neffen oder sonstigen Verwandten handelt oder sie hatten – auch dank der Berichterstattung der Medien – bereits von den Betrugsmaschen gehört. Eine gewichtige Rolle beim Scheitern der Täter spielen auch die Banken und Sparkassen. Auch deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind bezüglich der Masche weitestgehend im Bilde und fragen im Verdachtsfall bei ihren Kunden nach. Nicht zuletzt ist die hohe Anzahl der gescheiterten Fälle auch auf die polizeiliche Präventionsarbeit zurückzuführen. Unter anderem hat das Polizeipräsidium Unterfranken einen zweisprachigen Präventionsflyer zum Thema Schockanrufe entworfen und an über 10.000 Haushalte verteilt.

Dennoch kommt es in den erfolgreichen Einzelfällen mit der Übergabe eines hohen Geldbetrages zu gewiss nicht existenzunerheblichen Folgen für die Opfer. Im Einzelnen waren die Täter 2015 in folgenden Fällen erfolgreich:

Enkeltrick

• 13.02.2015, Estenfeld, Lkr. Würzburg, Übergabe von 40.000 Euro für Immobiliengeschäft, Alter des Opfers: 82 Jahre
• 17.02.2015, Schweinfurt, Übergabe von 22.000 Euro
• 19.03.2015, Würzburg, Übergabe von 40.000 Euro für Eigentumswohnung
• 19.03.2015, Würzburg, Übergabe von 40.000 Euro für Eigentumswohnung, Opfer 75 Jahre alt
• 25.03.2015, Würzburg, Übergabe von 5000 Euro für Eigentumswohnung, Opfer 65 Jahre alt
• 24.03.2015, Buchbrunn, Lkr. Kitzingen, 13.000 Euro
• 17.04.2015 Arnstein, Lkr. Main-Spessart, 40.000 Euro für Eigentumswohnung

Schockanrufer

• 03.02.2015, Karlstadt, Lkr. Main-Spessart, Übergabe von 215 Euro, Alter des Opfers: 79 Jahre
• 04.02.2015, Aschaffenburg, Übergabe von 1000 Euro, Opfer 67 Jahre alt
• 02.05.2015, Bad Kissingen, Übergabe von 3000 Euro, Opfer 63 Jahre alt

Regionale Verteilung in Unterfranken
Ein grober Blick auf die drei Regionen in Unterfranken zeigt, dass etwa die Hälfte der insgesamt Angerufenen im Bereich Mainfranken wohnt. Ungefähr ein Drittel ist im Bereich Main-Rhön, der Rest im Bereich Untermain zu Hause. Zumeist handelt es sich um einzelne Tage mit vielen der Polizei gemeldeten Anrufen – also geballtem Auftreten der Täter in einer Region.

Festnahmen und polizeiliche Ermittlungen
Die polizeilichen Ermittlungen im Bereich des Enkeltrickbetrugs bzw. Betrugs durch Schockanrufe gestalten sich schwierig, da die Anrufer überwiegend aus dem Ausland agieren und äußerst konspirativ vorgehen. Dennoch gelingt es der Unterfränkischen Polizei immer wieder sogenannte „Geldabholer“ festzunehmen. Doch nur wenn die Beamten rasch informiert werden, kann es gelingen konzeptionell einzuschreiten und Tatverdächtige dingfest zu machen. Erfolgreich war die Polizei in folgenden Fällen:

Bei dem Versuch eine Seniorin in Schweinfurt Anfang März 2015 um 10.000 Euro zu bringen, klickten die Handschellen bei einer 22-Jährigen und ihrem 46-jährigen mutmaßlichen Komplizen. Beide wurden auf Antrag der Staatsanwaltschaft Schweinfurt dem Ermittlungsrichter vorgeführt. Seitdem sitzen sie in Untersuchungshaft. Die Beamten stellten mehrere Mobiltelefone sicher. Außerdem waren die beiden „Geldabholer“ mit einem Mietwagen unterwegs.

Ende März 2015 konnte in Würzburg ein 29-Jähriger aus Frankfurt festgenommen werden. Vorausgegangen war eine Forderung für 25.000 Euro für einen angeblichen Wohnungskauf. Auch er wurde auf Anordnung der Würzburger Staatsanwaltschaft dem Ermittlungsrichter vorgeführt und wanderte in U-Haft.

Bereits im Januar 2014 gelang der Unterfränkischen Polizei ein größerer Schlag gegen die organisierten Betrüger. Ausgehend von einem Schockanruf in Rimpar (Lkr. Würzburg) war die Kriminalpolizei mit Zentralaufgaben gemeinsam mit Ermittlern aus Baden-Württemberg einem Duo litauischer Schockanrufer auf die Spur gekommen. Diese stehen im Verdacht, in mehreren Fällen Senioren um ihr Erspartes gebracht und hiervon insgesamt mehr als 13.000 Euro ins Ausland transferiert zu haben. Bei ihrer Festnahme in Weinsberg konnten die Fahnder bei den Männern mehrere tausend Euro sicherstellen, die sie kurz zuvor bei einem Schockanruf im Landkreis Heilbronn erbeutet haben dürften. Die Tatverdächtigen sitzen nach dem Erlass von Haftbefehlen in Untersuchungshaft.

Präventionstipps des Polizeipräsidiums Unterfranken gegen den Enkeltrick

• Seien Sie misstrauisch, wenn sich jemand am Telefon nicht selbst mit Namen vorstellt.
• Legen Sie einfach den Telefonhörer auf, sobald Ihr Gesprächspartner Geld von Ihnen fordert.
• Vergewissern Sie sich, ob der Anrufer wirklich ein Verwandter ist: Rufen Sie die jeweilige Person unter der bisher bekannten und benutzten Nummer an und lassen Sie sich den Sachverhalt bestätigen.
• Geben Sie keine Details zu Ihren familiären oder finanziellen Verhältnissen preis.
• Übergeben Sie niemals Geld an unbekannte Personen, auch wenn diese sich als Amtspersonen ausgeben.
• Informieren Sie sofort die Polizei über die Notrufnummer 110, wenn Ihnen ein Anruf verdächtig vorkommt. Dann kann die Polizei vor Ort kommen und ggf. „Geldabholer“ festnehmen.
• Wenn Sie Opfer geworden sind: Wenden Sie sich an die Polizei und erstatten Sie Anzeige.