Was einen guten Lehrer ausmacht


170 Lehramtsabsolventen von der Uni Würzburg starten in Kürze in ihr Referendariat
Würzburg. Die Ferien – waren sie nicht das Schönste an der Schule? War Schule sonst nicht oft genug ein „Alptraum“? Nicht jeder hat seine Schulzeit in guter Erinnerung. Manche Lehrkraft war unerträglich. Manche aber auch wirklich gut! Was aus Schülersicht einen guten Lehrer ausmacht, dieser Frage ging Professor Stephan Ellinger vom Lehrstuhl für Sonderpädagogik I kürzlich nach. Seine teilweise verblüffenden Ergebnisse stellte er bei der Abschlussfeier für die Absolventinnen und Absolventen der Lehramtsstudiengänge vor.
Es gab durchaus Schulstunden, die herrlich waren, erinnerten sich die 460 Lehramtsstudierenden, die Ellinger zusammen mit Johannes Brunner befragte. Allerdings kollidiert das, was einen guten Lehrer ausmacht, oft mit dem, was im Studium als wesentlich vermittelt wird, ergab die Studie, die unter dem Titel „(Alp)Traumlehrer“ am 16. Januar in Buchform erschienen ist. So wird im Studium großen Wert darauf gelegt, fundiertes Fachwissen zu vermitteln. Doch gute Lehrkräfte zeichnen sich nicht allein durch Fachwissen aus, erläuterte Ellinger bei dem vom Zentrum für Lehrerbildung und Bildungsforschung (ZfL) organisierten Festakt.
Schüler sind glücklich, wenn sie einem Lehrer begegnen, der für seine Sache „brennt“. Bei dem sie Begeisterung spüren. Egal, ob es sich um Latein, Deutsch oder Physik handelt. Auch schätzen sie es, wenn sie ihrer Lehrkraft sagen dürfen, was nicht gut an ihrem Unterricht ist. Hier sieht Ellinger großen Handlungsbedarf: „Viele Lehrkräfte verstehen keine Kritik und lassen sich nichts von ihren Schülern sagen.“ Damit verpassen sie eine große Chance, denn das, was Schüler rückmelden, hilft tatsächlich oft, den Unterricht zu verbessern, ihn verständlicher und spannender zu gestalten.
Eine Schulstunde kann sich unendlich hinziehen. Aber auch unglaublich kurzweilig sein. Woran liegt das? Ist dafür, wie es im Studium heißt, ein perfekt vorbereiteter Unterricht entscheidend? „Nein!“, lautet ein weiteres Fazit der Untersuchung. Die beste Vorbereitung wird Ellinger zufolge dann konterkariert, wenn sich der Lehrer sklavisch an sein Unterrichtskonzept hält: „Und unwirsch reagiert, wenn zu viele Fragen kommen.“ Teilweise werden dann auch nur die guten Schüler drangenommen. Weil die anderen Zeit stehlen.
Zum Horror kann die Lateinstunde werden, wenn es dem Schüler schwant, dass er diesmal wohl abgefragt wird und sich womöglich an der Tafel vor der Klasse blamiert. Doch selbst Abfragesituationen können positive Erlebnisse bescheren, ergab die Umfrage unter den Studierenden. Einer der Lehrer habe in einer Weise abgefragt, dass man staunte, was man alles wusste, äußerte ein Student. Angst musste bei ihm niemand haben.
Es nutzt alles nichts, so das Gesamtfazit, was man sich auch an didaktischen Techniken und Methoden im Studium angeeignet hat, wenn es an der „pädagogische Grundhaltung“ hapert. Stephan Ellinger: „Demnach ist es von großer Bedeutung, wie der Lehrer etwas macht. Nicht, was er macht.“ Ein guter Lehrer sei eine Autorität im positiven Sinne, er sollte Humor, Motivations- und Kritikfähigkeit besitzen.
Für 170 Lehramtsabsolventen ist in Kürze ein zweites Mal in ihrem Leben Schulbeginn: Sie starten in ihr Referendariat und damit in ihre praktische Ausbildung. Somit stehen sie am Anfang einer großen Herausforderung, so Laura Stauder, die derzeit ihr zweites Referendariatsjahr an der Würzburger Jakob-Stoll-Realschule ableistet: „Wir Referendare haben eine Doppelrolle inne. Wir sind Lehrende und Lernende.“ Was bedeutet: „Wir sitzen zwischen den Stühlen.“
Kein Wunder, dass so mancher Absolvent mit Bedenken ins Referendariat startet. Nicht zuletzt deshalb, weil die im Studium gesammelten praktischen Erfahrungen deutlich geringer sind als die vermittelte Theorie. „Wir sind deshalb froh, dass die Universität darangeht, Theorie und Praxis enger zu verzahnen“, betonte Sebastian Rüthlein vom AK Lehramt: „Das kann nur förderlich für uns sein.“