Die Leistungen der Hochschulmedizin adäquat finanzieren


Das Universitätsklinikum Würzburg beteiligt sich an der bundesweiten Aktionswoche „Wir leisten mehr: Die Deutsche Hochschulmedizin“, die vom 10. bis 14. November 2014 stattfindet. Bei einer öffentlichen Podiumsdiskussion soll das derzeitige Missverhältnis zwischen dem Leistungsspektrum der Universitätsmedizin und dessen Vergütung deutlich werden.

Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe geht in den Endspurt: Bis zum Jahresende soll sie Eckpunkte einer Kran-kenhausreform ausarbeiten. Die Universitätsklinika und Medizinischen Fakultäten wollen dabei angemessen berücksichtigt werden. Um ihren Forderungen Ausdruck zu verleihen, rief der Verband der Universitätsklinika Deutschlands vom 10. bis 14. November 2014 eine Aktionswoche unter dem Motto: „Wir leisten mehr: Die Deutsche Hochschulmedizin“ aus. In diesem Zeitraum werden politische Entscheider in den Bundesländern und auf Bundesebene sowie Medien und Öffentlichkeit durch gezielte Aktionen auf die Sonderrolle und Leis-tungsfähigkeit der Universitätsmedizin an den jeweiligen Standorten aufmerksam gemacht. Auch das Uni-versitätsklinikum Würzburg (UKW) beteiligt sich an diesem Vorhaben.

Unterfinanzierung der Personalkosten im Bereich von 20 Prozent
„Etwa die Hälfte der Universitätsklinika in Deutschland schrieb im vergangenen Jahr rote Zahlen. Auch wenn das Uniklinikum Würzburg in 2013 noch in der Gewinnzone war und auch für 2014 wieder eine positive Bilanz zu erwarten ist, wird unser Betriebsergebnis von Jahr zu Jahr knapper“, berichtet Prof. Christoph Reiners, der Ärztliche Direktor des UKW. Die Gründe hierfür sind vielschichtig. Wie alle anderen Krankenhäuser leidet auch das UKW unter den allgemeinen Kostensteigerungen für Personal, Medikamente, medizintechnische Einrichtungen und Energie. Die Leistungsentgelte der Krankenkassen halten mit dieser Kostenentwicklung nicht mit. Prof. Reiners: „Vergleicht man die Fallwertvergütung mit unseren Personalkosten und der Inflationsrate, so bleiben wir auf einem Defizit von rund 20 Prozent sitzen, das sich in den letzten zehn Jah-ren akkumuliert hat.“ Um dieses abzufedern, sei das UKW laut seinem Pflegedirektor Günter Leimberger nicht den Weg des Personalabbaus gegangen, sondern musste seinen Beschäftigten in den vergangenen Jahren fortschreitende Arbeitsverdichtungen zumuten. „Hier ist mittlerweile allerdings das maximal mögliche erreicht“, unterstreicht Leimberger.
Weitere Belastungen ergeben sich laut Prof. Reiners daraus, dass die Hochschulmedizin Leistungen erbringt, die zum Teil weit über das Angebot normaler Krankenhäuser hinausgehen. Hier einige Beispiele.

Keine Kostendeckung bei Ambulanzen und Notfallversorgung
Beispiel Hochschulambulanzen: Gerade bei schweren, komplexen oder seltenen Krankheiten sichern die hochschulmedizinischen Einrichtungen die ambulante Versorgung in Deutschland. Die aufwändigen Diagno-sen und Therapien werden allerdings nicht annähernd kostendeckend finanziert. „Bei jährlich knapp 230.000 ambulanten Patienten am UKW ergibt sich ein Fehlbetrag von rund 16,5 Millionen Euro“, schildert Anja Si-mon, die Kaufmännische Direktorin des Würzburger Universitätsklinikums.
Beispiel Notfallversorgung: Während sich immer mehr Krankenhäuser und niedergelassene Ärzte in den Nachtstunden und an den Wochenenden aus der Notfallversorgung zurückziehen, stehen die deutschen Uniklinika für Rettungsdienste und Notärzte immer bereit. Jedoch: Für ambulant versorgte Notfälle erhalten Uniklinika geringere Pauschalen als Arztpraxen, obwohl ihre Vorhaltekosten für Personal, Räume und Appa-rate um ein Vielfaches höher liegen. Anja Simon: „Zum Beispiel versorgen wir pro Jahr in der Hals-Nasen-Ohren-Klinik und der Augenklinik zusammen etwa 5.000 Notfallpatienten außerhalb der normalen Sprechzei-ten, also nachts und an den Wochenenden. Für diese gibt es keine angemessene Vergütung.“

Pro Jahr eine halbe Million für das Strahlenunfallzentrum
Beispiel Versorgung bei sogenannten seltenen Ereignissen: Das Uniklinikum Würzburg unterhält eines von elf deutschen Strahlenunfallzentren. „Wir stehen hier für den Fall des Falles mit teurer Ausstattung und gut geschultem Fachpersonal rund um die Uhr zur Verfügung. Die Vorhaltungen dafür kosten uns im Jahr 500.000 Euro, für die es keine Rückvergütung gibt, da die entsprechenden Behandlungsfälle zum Glück ja sehr selten sind“, beschreibt Prof. Reiners.
Beispiel Forschung und Lehre: Die Landesmittel für Forschung und Lehre sind in den letzten Jahren infla-tionsbereinigt gesunken. „Diese Finanzierungslücke geht unter anderem auf Kosten der Lehrmittelausstat-tung, wie Übungsmodelle oder moderne Kommunikations- und Visualisierungseinrichtungen“, bedauert der Dekan der Medizinischen Fakultät der Uni Würzburg, Prof. Matthias Frosch.
„Insgesamt müssen bei der Krankenhausreform Wege gefunden werden, die es den Uniklinika in Deutsch-land erlauben, die sich abzeichnende Abwärtsspirale zu stoppen und weiterhin in allen Bereichen hand-lungsfähig zu bleiben“, bringt es Prof. Reiners auf den Punkt.

Programmpunkte der Aktionswoche in Würzburg
Zum Auftakt der Aktionswoche demonstrierten Medizinstudierende am Montag, den 10.November 2014, einer Gruppe von Medienvertretern in der Lehrklinik der Medizinischen Fakultät der Uni Würzburg moderne Formen der studentischen Ausbildung. Grundkonzept der seit dem Jahr 2009 im Gebäude der ehemaligen Nuklearmedizinischen Klinik untergebrachten Lehrklinik ist das Lernen in realitätsgetreu nachgestellten klini-schen Situationen. Das beginnt bei der Atmosphäre in einem Krankenzimmer – teilweise mit Patienten-schauspielern und reicht bis zu einem voll eingerichteten Operationssaal. Die Ausstattung mit Phantomen und Simulatoren ermöglicht das Training praktischer Fähigkeiten unter standardisierten Bedingungen. Wie-derholungen sind unbegrenzt möglich und Fehler haben noch keine Folgen. Finanziert wurde die Lehrklink Würzburg bislang aus Studiengebühren sowie aus Mitteln des Universitätsklinikums und des Studiendeka-nats. „Wenn wir unseren hohen Ausbildungsstatus halten wollen, müssen wir auf die derzeit steigenden Stu-dierendenzahlen mit einer Ausweitung unsere personalintensiven Individualbetreuung reagieren“, betont Prof. Ulrich Dietz, der stellvertretende ärztliche Leiter der Lehrklinik.

Berufsfachschulen informieren im ZOM
Am Dienstag, den 11. November 2014, präsentieren sich die Berufsfachschulen des Universitätsklinikums Würzburg von 13:00 bis 16:00 Uhr in der Magistrale des Zentrums für Operative Medizin (ZOM) an der Überdürrbacher Straße. Von Diätassistentinnen über die Krankenpflege und Physiotherapie bis zu Medizi-nisch-Technischen sowie Operationstechnischen Assistenten an Infoständen und im Rahmen von Mit-machaktionen können sich gerade junge Menschen ein Bild über das breite Ausbildungsangebot des Klini-kums machen.

Uniklinikum auf der Jobmesse „Study & Stay“
Am selben Tag ist das UKW außerdem auf der Jobmesse „Study & Stay“ von 10:00 bis 16:00 Uhr mit einem Stand vertreten. Die Veranstaltung am Campus Hubland Süd richtet sich an Studierende und Hochschulab-solventen.

Große Podiumsdiskussion mit Klinikum, Universität und Politik
Als Höhepunkt der Aktionswoche findet dann am Mittwoch, den 12. November 2014, eine öffentliche, kos-tenlose Podiumsdiskussion zum Thema „Die Lage der Universitätsmedizin aus Sicht des Würzburger Uni-versitätsklinikums und der Medizinischen Fakultät“ statt. Von 19:00 bis 20:30 Uhr werden neben den Vertre-tern der Hochschulmedizin auch Landespolitiker, wie Georg Rosenthal (MdL) als Diskutanten zur Verfügung stehen. Veranstaltungsort ist der Große Hörsaal der Zahnklinik der Universität Würzburg, Pleicherwall 2, gegenüber dem Maritim-Hotel. Die Moderation liegt in den Händen der Main-Post Akademie.


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